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Von allen Schriftstellern der Antike war Seneca mein Lebtag lang der beste Ratgeber. Vergil ergreift mich, Tacitus begeistert mich für die Grausamkeit, Lukrez stillt mein Fernweh, bei Cicero träume ich den Traum von Vollkommenheit im Denken, Reden, Verhalten – Seneca lehrt mich das Glück. Seine Lektionen sind nicht schwer. Man braucht nicht weiß der Himmel wo nach dem Glück zu suchen. Man soll es sich weder vorstellen noch wünschen oder dem andern neiden: Es liegt direkt vor uns, zum Greifen nah. Nicht in der Zukunft, sondern in der Gegenwart. Es hat nichts mit der Hoffnung (spes) gemein, gegen die sich Seneca offen ausspricht (Epistulae morales ad Lucilium 5, 7–8 ) und die später als eine der höchsten Tugenden des Christentums gelten wird. Hoffen heißt aufschieben; sich der Furcht, der Unsicherheit und der Frustration hingeben. Hoffen heißt Zeit verlieren, unser wertvollstes Gut. Glücklich ist, wer sein Inneres im Hier und Jetzt klar zu deuten versteht, wer seine Bedürfnisse ganz genau kennt, wer das Wesentliche vom Überflüssigen zu unterscheiden vermag. Glücklich ist, wer, wenn er allein ist, sich selbst als Gesellschaft genügt. Glücklich ist, wer Unzufriedenheit, Unentschlossenheit, Flatterhaftigkeit, Enttäuschung, Verschwendung, Leere, Langeweile, Überdruss meidet (nausea, ein Wort griechischen Ursprungs, abgeleitet von naus/ navis, «Schiff», das schon bei Cicero für Seekrankheit steht und von Seneca im psychologischen Sinne von «Lebensüberdruss» verwendet wird, so zum Beispiel im 24. Brief an Lucilius).
Gardini, Nicola: Latein lebt. Von der Schönheit einer nutzlosen Sprache. Hamburg: Rowohlt 2018, S.177-178.
Sicherlich muss sich heutzutage vieles für die klassische Philologie ändern, wenn sie noch eine Zukunft haben will.
Stomachatus hat geschrieben:aber dieses Forum ist nicht der richtige Ort, um sich ausführlich auszutauschen. Ich wollte nur die Breite und Vielfalt ansprechen, die sich unter einem vermeintlichen „Selbstverständlichen" verbirgt.
von Tiberis » Do 26. Mär 2020, 01:33
Stomachatus hat geschrieben:
der Sinn dieser meinen „Kunstfigur“ war eben die hier Anwesenden auf solche Missstände aufmerksam zu machen.
Gut, das haben wir jetzt zur Kenntnis genommen. Mission accomplished - dein weiterer Verbleib ist somit nicht mehr nötig.
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