Schwarzer Humanismus

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Schwarzer Humanismus

Beitragvon mystica » Di 5. Nov 2019, 19:29

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Re: Schwarzer Humanismus

Beitragvon mystica » Do 7. Nov 2019, 11:56

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Re: Schwarzer Humanismus

Beitragvon mystica » Fr 8. Nov 2019, 11:34

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Re: Schwarzer Humanismus

Beitragvon mystica » Do 14. Nov 2019, 16:17

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Re: Schwarzer Humanismus

Beitragvon Willimox » Do 14. Nov 2019, 17:42

Salute, Mystica,
mir scheint, dass die hier eingestellten Erörterungen auf leicht verlorenem Posten stehen. Das hat mit einer gewissen Beliebigkeit und einem Aufpicken von "Häppchen" aus der Schwindt-Rhetorik zu tun. Und mit der Tendenz der Rezesentin, in der "wahren" Philologie "eine veredelnde" Wirkungsweise zu markieren, fern von Studienratspfründen und anderem Modernismus.
Diese Rhetorik Schwindts gilt es aber so aufzuhellen, dass ihre Argumentation und Gedankenführung deutlich, möglichst deutlich wird.

Was meint S. mit "schwarzer Humanismus"? Man vergleiche S.s. Kontrastierung von Ciceros ethisch-moralischen, auch eher universalen Wertüberzeugungen in "de oratore" mit dem nationalrömischen und individuell-caesarischem Anspruch auf Situationsmächtigkeit, Expansion und Machtzementierung plus Machtgewinn im Proömion ("Gallia omnis divisa in partes tres"). Dehumanisierung und geopolitisches Spielfeld für Gewinner, so Schwindt. Und als anthropologische Verhaltens-Konstante zu akzeptieren und in ihrer wilden Schönheit und rationalen Disposition staunend und genau auszuloten.

Was ist das (angeblich) Besondere an einer hyperphilologischen Nahlektüre des Caesartextes samt der dazu notwendigen Voraussetzung einer exquisiten Sprachbeherrschung? Was bedeutet der geforderte Verzicht auf vorauseilende "Verständnisinnigkeit" einer rosaroten Brillenlektüre? Ist also die genaue Makro- und Mikroanalyde gefordert. Kombiniert mit dem vorurteilslosen Blick auf vernunft- und emotionsgesteuerte Vorteilsnahme als eine Basistegorie menschlichen Verhaltens: Resourcengewinn, Kooperation und Aggression, Interessenabgleich, reziproker Altruismus bestenfalls und durchaus kühle Machtentfaltung, wo eine Gegenwehr vorliegt, die man überwinden kann? Wie aufschlussreich für diese Texdeutung ist die Kategorie der "effeminatio" im Caesar-Proömion... als Kontrast-Folie zur "männlich posiitiv" konnotierten Unberührtheit durch römische Kultur und genauso positiv konnotiert die humanitasfremde Kampfmoral und Ertüchtigung, die sich laut Caesar im Kampf mit den Germanen ergibt..

Was kann das für eine praktikable schulische Begegnung mit ausgewählten Caesarpassagen bedeuten? Z.B. das Proömion, die Reden indirekter, konjunktivischer Art und die direkten Reden (Ariovist, Critognatus, Caesars Rede an sein Militär, das von Germanenfurcht gebeutelt wird usw).

In welcher Klassenstufe lässt sich mit welchem unterstützenden Material auf diese Weise halbwegs erfolgsversprechend arbeiten?

Wie sehen die von Schwindt gerühmten Schülerfragen an bass erstaunte englische Jungprofessoren aus?

Was bedeutet die Foucault- und Derridabegeisterung von S. für eine plausible Strategie in einer Lektüre, die das Kleinste und das Sonderbare favorisiert und beachtet?

Nietzsches Blick auf anthropologische Konstanten des Verhaltens und seine Skepsis gegenüber Glöttungen mag da bei Schwindt im Methodischen Besteck eine intressante Position einnehmen.

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Re: Schwarzer Humanismus

Beitragvon mystica » Fr 15. Nov 2019, 12:01

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Re: Schwarzer Humanismus

Beitragvon Willimox » Fr 15. Nov 2019, 12:39

Salve!

Nun ja, auch im vorwissenschaftlichen Bereich hat es sehr viel Sinn, sich befristet in das Argumentatiosgebäude eines Texters kognitiv und emotional zu begeben und sich dort genau umzuschauen. Über die Einrichtung und deren mehr oder weniger tragende Elemente kann man gewiss small talken. Jou.
Aber diskutieren ist hier wohl gefragt.
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Re: Schwarzer Humanismus

Beitragvon Willimox » Di 26. Nov 2019, 14:23

Für Liebhaber kritischer Texte. Zur ästhetisierenden, "wirklichkeitsfremden" Verklärung lateinischer Kultur - Joel Christensen (Boston) hat eine schöne Rezension zu Nicola Gardini (Latein lebt. Von der Schönheit einer nutzlosen Sprache) geschrieben.
Nicht die schwurbelnahe Rhetorik von Prof. Dr. phil. Jürgen Paul Schwindt.

http://bostonreview.net/politics/joel-c ... -end-world

:chefren:
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Textauszug Nicola Gardini:

Von allen Schriftstellern der Antike war Seneca mein Lebtag lang der beste Ratgeber. Vergil ergreift mich, Tacitus begeistert mich für die Grausamkeit, Lukrez stillt mein Fernweh, bei Cicero träume ich den Traum von Vollkommenheit im Denken, Reden, Verhalten – Seneca lehrt mich das Glück. Seine Lektionen sind nicht schwer. Man braucht nicht weiß der Himmel wo nach dem Glück zu suchen. Man soll es sich weder vorstellen noch wünschen oder dem andern neiden: Es liegt direkt vor uns, zum Greifen nah. Nicht in der Zukunft, sondern in der Gegenwart. Es hat nichts mit der Hoffnung (spes) gemein, gegen die sich Seneca offen ausspricht (Epistulae morales ad Lucilium 5, 7–8 ) und die später als eine der höchsten Tugenden des Christentums gelten wird. Hoffen heißt aufschieben; sich der Furcht, der Unsicherheit und der Frustration hingeben. Hoffen heißt Zeit verlieren, unser wertvollstes Gut. Glücklich ist, wer sein Inneres im Hier und Jetzt klar zu deuten versteht, wer seine Bedürfnisse ganz genau kennt, wer das Wesentliche vom Überflüssigen zu unterscheiden vermag. Glücklich ist, wer, wenn er allein ist, sich selbst als Gesellschaft genügt. Glücklich ist, wer Unzufriedenheit, Unentschlossenheit, Flatterhaftigkeit, Enttäuschung, Verschwendung, Leere, Langeweile, Überdruss meidet (nausea, ein Wort griechischen Ursprungs, abgeleitet von naus/ navis, «Schiff», das schon bei Cicero für Seekrankheit steht und von Seneca im psychologischen Sinne von «Lebensüberdruss» verwendet wird, so zum Beispiel im 24. Brief an Lucilius).

Gardini, Nicola: Latein lebt. Von der Schönheit einer nutzlosen Sprache. Hamburg: Rowohlt 2018, S.177-178.


Bild

:book:
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Re: Schwarzer Humanismus

Beitragvon Laptop » Mi 18. Mär 2020, 07:41

Ich empfände es als wohltätigen Dienst an den Zuhörern, wenn "zunächst einmal" definiert wird worüber man spricht, und in einfachen Worten ausgeführt, was unter Schwarzem Humanismus bzw. "bösartiger Menschlichkeit" verstanden werden soll? Für mich ist schon allein Humanismus ein sehr abstraktes Konzept, mal Zeitepoche, mal Stilepoche, mal Geisteshaltung, mal Weltanschauung, mal schlichte Verbundenheit mit dem was als "der menschlichere Mensch" gesehen wird. Ist Schwarzer Humanismus das Gegenkonzept zur ebenso absurden "Guten Unmenschlichkeit"? Will da jemand mit einem einfachen Oxymoron-Trick Aufmerksamkeit erregen?

Daß sich etwas an der Altphilologie ändern muß steht außer Frage. Aber gerade bei diesem Thema darf man nicht um den Brei herumreden sondern es braucht Tacheles. Z. B. daß die Altphilologie künftig vermehrt Projekte verfolgt, die Erkenntnisse produzieren, die der Allgemeinheit von sichtbarem Nutzen sind, nicht nur solche, die im Elfenbeinturm selbst gewürdigt werden. Der ThLL ist ein schönes Beispiel dafür, wo die Fördermittel gut aufgehoben sind, weil ein nützliches Produkt geschaffen wird. Diese Leistungsmentalität geht der Altphilologie in großen Teilen völlig ab, man ist sich oft selbst genug mit seinem Kleinklein. Als ob es nicht genug konkrete Arbeit an der Primärliteratur gäbe, wie bspw. die Aufarbeitung von spätlat. Literatur. Man will sich nur nicht daran machen, ist das nicht eine Art Arbeitsverweigerung?

Übrigens, der kleine Aufsatz von Hatvany ist wirklich faszinierend. Faszinierend, weil ich solch ketzerische Gedanken nicht im Jahr 1914 vermutet hätte.
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Re: Schwarzer Humanismus

Beitragvon mystica » Do 26. Mär 2020, 17:26

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Re: Schwarzer Humanismus

Beitragvon Sapientius » Sa 28. Mär 2020, 11:29

Sicherlich muss sich heutzutage vieles für die klassische Philologie ändern, wenn sie noch eine Zukunft haben will.


Wir sollten nicht vergessen, was wir von Anfang an sind, nämlich ein Kultverein für die Verehrung der Klassiker, angefangen hat es mit uns in Alexandrien, im hellenisierten Pharaonenland, unter den Diadochenherrschern; man empfand ganz allgemein das Bedürfnis, das Erbe der Klassiker zu retten und zu pflegen; es war eine Bewegung, die aus der breiten Öffentlichkeit kam, und auf diese Breitenwirkung waren wir immer angewiesen, und sie blieb uns immer mehr oder weniger erhalten, unter wechselnden Vorzeichen; dank Vergil mit seiner 4. Ekloge mit vermeintlicher Christusprophetie hat sich uns das ganze Mittelalter geöffnet, die Renaissance brachte neuen Aufschwung, die humboldtsche Schulreform etablierte uns fest im Gymnasium, und zuletzt konnten wir uns als Gegengewicht gegen den Marxismus profilieren; leider hat uns der im Stich gelassen, und jetzt stehen wir da :( .
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Re: Schwarzer Humanismus

Beitragvon marcus03 » So 29. Mär 2020, 09:09

Stomachatus hat geschrieben:aber dieses Forum ist nicht der richtige Ort, um sich ausführlich auszutauschen. Ich wollte nur die Breite und Vielfalt ansprechen, die sich unter einem vermeintlichen „Selbstverständlichen" verbirgt.

Darum solltest du das Forum endlich verlassen. Es ist unter deiner Würde.
Deine Mission ist erfüllt, wie Tiberis sagte:

von Tiberis » Do 26. Mär 2020, 01:33

Stomachatus hat geschrieben:
der Sinn dieser meinen „Kunstfigur“ war eben die hier Anwesenden auf solche Missstände aufmerksam zu machen.



Gut, das haben wir jetzt zur Kenntnis genommen. Mission accomplished - dein weiterer Verbleib ist somit nicht mehr nötig.


Such dir einen anderen Ort zum Stomachieren und nerve in Zukunft andere!
Dieses Forum kommt problemlos ohne dich aus.
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