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Beitragvon sinemetu » Di 26. Nov 2019, 22:50

Was ist das?
die Zier, die Zierde
die Neugier, die Neugierde

Sind Euch weitere bekannt?
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
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Beitragvon marcus03 » Mi 27. Nov 2019, 10:38

sinemetu hat geschrieben:Was ist das?

Zwei Wörter, die jeweils dasselbe bedeuten. ;-)
https://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfi ... 30715.html
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Re: Partikel de

Beitragvon sinemetu » Mi 27. Nov 2019, 10:47

marcus03 hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Was ist das?

Zwei Wörter, die jeweils dasselbe bedeuten. ;-)

https://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfi ... 30715.html

Danke, Marce, außer der Nennung der schon von mir angeführten Beispiele, vielleicht noch der Hinzufügung von Begierde, wird da lautlich gar nichts erklärt, noch gesagt, wie man diese Erscheinung benennt. Wenn zwei Wörter dasselbe bedeuten - damit ist das Phänomen nicht erfasst - das nennt man Synonymie. Der Spiegel ist kein philologisches Organ.
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Re: Partikel de

Beitragvon Prudentius » Do 28. Nov 2019, 10:53

...dasselbe bedeuten


Der Begriff des Begriffs sollte hier begriffen werden! Namen und Begriff unterscheiden! Synonyme sind zwei Namen für einen Begriff; umgekehrt sind Homonyme zwei Begriffe mit einem Namen.

Schon bei Platon werden onoma und logos unterschieden.
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Re: Partikel de

Beitragvon mystica » Do 28. Nov 2019, 11:38

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Re: Partikel de

Beitragvon Willimox » Do 28. Nov 2019, 16:35

Der Begriff des Begriffs sollte hier begriffen werden.

Nanu.
Welcher wie immer geartete Wissenschaftler, sei er Monist, sei er Dualist, würde behaupten, bei diesem schönen Satz von Prudentius liege "eine leere Tautologie" vor?
Gibt es plausible Belege für diese Behauptung?

Selbstverständlich akzeptiert jeder Wissenschaftler, dass es ein Konzept dessen gibt, was man unter einem "Begriff" versteht, also etwa die Extension und die Intension eines Begriffes, die Objektebene und die Metaebene. Etwa im Gebrauch von Lexemen wie Hund oder Liebe. Sogar ein Vulgärmarxist der allerältesten Schule.

Es ist ein bisschen schade und auch nicht besonders zufriedenstellend für Vertreter der dualistischen Position, bei der kritischen Untersuchung von Sprache und Denken eine gegnerische Position anzugehen, die man um des leichteren Sieges willen bewusst oder halbbewusst oder unbewusst, wissend oder weniger wissend in ihrer löcherigsten Formation weitgehend selber konzipiert hat.

Im übrigen ist Sinemetus Fokus auf ein Phonem (-de) gerichtet, das eben keine Semantik hat. Insofern handelt es sich etwa bei Neugier und Neugierde kaum um Synonyme, sondern um zwei Varianten. Und das -de in "Neugierde" hat eher eine (allenfalls) ornamentale, antiquarisch und gewählt anmutende Funktion (Longipes).


Bild
(Vulgär-Positivist betritt einen spirituell-material-ikonischen Raum, in dem eine Kaffeetasse zu finden ist)
(Rezipient nimmt mit seinem Bewusstsein dieses Bild auf und hat kaum etwas gegen diese Beschreibung, egal ob er Hegelianer ist oder nicht.)

greetse
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Beitragvon mystica » Do 28. Nov 2019, 17:59

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Carnap, Hegel und so

Beitragvon Willimox » Do 28. Nov 2019, 18:33

Warum, um alles in der Welt, sollte der Satz von Prudentius in die Nähe von Hegel weisen?

Warum, kluge Kommilitonin, sollte Carnap es für tautologisch inhaltsleer halten, dass Begriffe Konzepte enthalten und dass Begriffe begreifen heißt, die Intension eines Begriffes, seine Kombination mit einem Lexem und seinen dadurch aufgerufenen überindividuellen Vorstellungen samt Extension zu beachten und damit zu denken und zu handeln?

Dass dann mancher eine sinemetuartige Queeer-Assoziation zu Hegel hat, ja, gut. Das mag dann irgendwie dem Assozierenden Schwung und Freude und Behagen am Vertrauten stiften, hat aber wenig mit dem Thema und dem Phänomen des "Begriffe Begreifens" zu tun.

Dass das Sprechen über metaphysische Entitäten und ihre lexemgebundenen Begriffe für Carnap wenig sinnvoll zu sein scheint, ist mit dem, was für Carnap "Begriffe" sind, in jeder Hinsicht vereinbar. Dass Carnap selbstverständlich akzeptieren würde, das Lexem Einhorn habe etwa die Merkmale "pferdeartiges Tier, ein Horn auf der Stirne tragend, im mythologischen Denken" angesiedelt oder das Lexem "Gott" bezeichne in monotheistischen Religionen eine personale, schöpferische, ewige, allgute, allwissende, allmächtige Instanz" und das sei dann annähernd der Inhalt/die Intension der Begriffslexeme, ist wohl unbestritten.

Im Übrigen ist Willimox mit theologischer Fachliteratur und aktuellen Diskussionen keineswegs unvertraut, scheint mir, bei aller diminutio, die in der Figur der Litotes transportiert wird.

Rhetorik übrigens, die mit Tricks arbeitet, scheint mir oft, aber nicht sehr oft, lustig zu sein und hat - das ist ein gewisser Vorzug - nicht den Keulencharakter mancher Diskussionsbeiträge. Und erheblich besser als der Rabaukenmodus. Aber rhetorische Kunst und sachhaltige Argumentation erscheint in ernsthaften Diskursen und bei ernsthaft streitenden Diskutanten erheblich angemessener. Und genussreicher. Und zielführender.

:chefren:
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Beitragvon Willimox » Do 28. Nov 2019, 19:01

Mitglied der Altherrenriege, trickreich metamorphisiert als animalischer Räuber, nähert sich dem Auge des aufmerksam gewordenen Betrachters:

Bild

:chefren:
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Beitragvon mystica » Do 28. Nov 2019, 19:28

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Beitragvon Willimox » Do 28. Nov 2019, 19:44

(1) Themaschwerpunkt

Ich habe deine Ausführungen aufmerksam gelesen, diese und andere.
Das dabei beobachtbare Muster recht sprunghafter Querassoziationen oder Häppchenentnahmen scheint mir bei einer Diskussion ernsthafter Art nicht sehr fruchtbringend. Auch dann, wenn man sofort (was nicht geschehen ist) oder später darauf hinweist, dass man jetzt einfach eine Assoziation hereinsprudeln lässt.

Das Keulenmonster ist insofern recht ungeschickt in die Diskussion eingeführt worden und genutzt worden, als der Begriff keineswegs als monopolisierte faschismusnahe Rhetorikfigur figuriert. Es ist ein logischer Kurzschluss von der Verlautbarung, das sei jetzt eine typische Keule gewesen, auf (obligatorisch) faschistoide Nähe zu schließen. Ein Signal für den Verlust an Differenzierungsfähigkeit oder ein Signal für Polemikperformanz.
Ein Kurzschluss, den man als Enthymema (darin Problem notwendiger und hinreichender Bedingungen) kennt und aushebeln kann, recht gut auch mit Komik, etwa indem man einen Joke bringt und den Hörer die Analogie zur ( komischen ) Verhaltensweise des Kontrahenten entdecken lässt.
Eine fortgeschrittene Technik im Feature der Oxforddebatte: die komisch markierte reductio ad absurdum.

(2) Kurzschluss/Enthymema-Logik

"Stomachatus" war es nämlich, der den pejorativen Begriff der "Keule" in den Diskurs einbrachte, um mich damit fertigmachen zu wollen, indem er von der "Diskriminierungskeule" sprach, als ich mich gegen die Diskriminierung meines weiblichen Geschlechts wehrte. Der Begriff "Keule" wird heute zweifellos vor allem im rechtsradikalen Milieu als beliebte Abwehrwaffe eingesetzt wird, um sich vor allem auf diese perfide Weise von der Schuld der Deutschen am Verbrechen des Holocausts freisprechen zu können.

"Doctor Domesticus" scheint diese perfiden Strategie auch noch zu verteidigen, in dem er versuchte, dies allen Ernstes noch zu relativieren, indem er auf die "Keule" der politischen Linken verwies. Er selbst aber hat dann aufgrund meiner Intervention wohl schnell einsehen müssen, in welches gefährliche rechtsextreme Fahrwasser er hineingedriftet war, so dass er sich aus diesem Forum stante pede verabschieden wollte…. (Denn dies würde auf eine offenkundige Relativierung der Einzigartigkeit/Singularität des Holocausts hinauslaufen, die schon der Historiker Ernst Nolte mit seinem Kausalnexus des Archipel Gulag und Auschwitz betrieben hatte).


Ein Gespräch an der Bar, ein Mann (M) und ein Fremder (F) unterhalten sich:
M: "Sie sind Logiker? Was ist denn das?"
F: "O. k. ich erklär´s: Hast du ein Aquarium?"
M: "Ja ..."
F: "Dann sind da auch bestimmt Fische drinnen!"
M: "Ja ..."
F: "Wenn da Fische drinnen sind, dann magst du bestimmt auch Tiere."
M: "Ja ..."
F: "Wenn du Tiere magst, dann magst du auch Kinder."
M: "Ja ..."
F: "Wenn du Kinder magst, dann hast du bestimmt welche ..."
M: "Ja ..."
F: "Wenn du Kinder hast, dann hast du auch eine Frau."
M: "Ja ..."
F: "Wenn du eine Frau hast, dann liebst du Frauen"
M: "Ja ..."
F: "Wenn du Fauen liebst, dann liebst du keine Männer!"
M: "Logisch!"
F: "Wenn du keine Männer liebst, dann bist du nicht schwul!"
M: "Stimmt, WAHNSINN!"

Der Fremde geht und ein Bekannter (B) kommt ...

M: "Du, ich muss dir was erzählen: Ich hab gerade einen Logiker getroffen!"
B: "Einen WAS?"
M: "Einen Logiker. Ich erklär's dir. Hast du ein Aquarium?"
B: "Nein ..."
M: "Schleich dich, du schwule Sau!"

Bild
(Älterer Perückenträger und Katze)

(3) Faschismusnähe?

Von der Keulenmetapher her auf faschistoide Tendenzen des Metaphern-Users zu schließen, ist ein massiver Fehler. Und das wurde von mir kritisch mehrfach angemerkt. Die Keule apostrophiert eben eine Diskussionsführung, die nicht mehr auf Argumentaustausch und filigrane Gesprächsführung abhebt, sondern den Gesprächspartner mit einigem an roher Gewalt und blindem Vertrauen auf die Wucht außer Gefecht setzen will.

Ein schönes Beispiel von vielen als Beleg für diese faschismusferne Verwendung bei der evangelischen Pfarrerin und Theologin Hanna Jacobs:

Wenn Sie, liebe Nichtgläubige, mir erklären wollen, warum es diesen Gott, an den ich glaube, keinesfalls geben kann, versuchen Sie es erst mit Vernunft und Esprit. Sie versuchen es mit allen anderen Argumenten, die Ihnen einfallen, bevor Sie das Vulgärargument schlechthin bringen – die Kreuzzüge und Hexenverbrennungen. Der Verweis auf kirchliche Gewaltexzesse vergangener Jahrhunderte kommt in Diskussionen mit Atheisten fast immer, oft begleitet von einem triumphierenden Lächeln.

Gerne würde ich mir dann spaßeshalber fassungslos mit der Hand an die Stirn fassen und rufen: "Das wusste ich ja gar nicht, da trete ich sofort aus der Kirche aus!" Ich habe den Einwand "Aber die Kreuzzüge!" schon so oft gehört, denken Sie nicht, er komme unerwartet.

Die Kreuzzugkeule nervt mich, weil sie ein Symptom dafür ist, dass jemand übertrumpfen, aber nicht diskutieren will, und weil sie impliziert, dass Christen nur über die Untaten ihrer Kirche aufgeklärt werden müssten, um ihr den Rücken zu kehren.

Kaum ein halbwegs historisch gebildeter Christ wird bestreiten, dass die Kirche, lange Zeit Hand in Hand mit dem Staat, in Gottes Namen grausame Verbrechen begangen hat. Die Existenz eines liebenden Gottes lässt sich allein durch das Handeln einer Institution jedoch noch nicht widerlegen. Christen tragen Verantwortung dafür, dass im Namen ihrer Religion Frieden verbreitet und Gerechtigkeit geschaffen wird. Sie haben keine Schuld an den Fehlern vergangener Jahrhunderte.

Hanna Jacobs

https://www.zeit.de/2018/33/atheismus-g ... l-christen


Und hier zwei Beispiele, wie man ikonisch die Nazikeule schwingt:
Bild

Das polnische Magazin HÖCHSTE ZEIT (radikal-liberal) kombiniert das Bild mit der Schlagzeile: »Der EU-Faschismus greift an«, März 2007

Bild

Das rechtsgerichtete griechische Blatt DEMOKRATIE zeigt Merkel als Nationalsozialistin. Im »Memorandum macht frei« wird konnotiert, was man als »Arbeit macht frei« kennt, Februar 2012


(4) Rhetorische Abwehr

Was ist einem wirklich harten, giftigen argumentum ad personam, etwa dem Faschismusvorwurf, entgegenzusetzen? Das Opfer, das einen Vorwurf aufnimmt und sich dagegen verteidigt, bringt sich in noch schlechtere Lage. Die Anwürfe bleiben dank Wiederholung präsent. Für sachliche Antworten sind sie meist nicht erreichbar; mehr noch: den Gegenbeweis zu führen, ist kaum jemals möglich.

Einem Menschen wird Unzuverlässigkeit oder Inkompetenz vorgeworfen: wie kann er nachweisen, dass er immer zuverlässig oder umfassend kompetent sei? Ein einziger Fehler, den er begangen hat, müsste ihn zur Relativierung zwingen: „In aller Regel bin ich zuverlässig“; womit er grundsätzlich die Möglichkeit der Ausnahme gesteht. –

Oder gar die „wohlmeinende“ Äußerung über den Gegner, natürlich sei er kein Verfassungsfeind, er habe sich nur leider im konkreten Fall in ein schiefes Licht gesetzt: wer sich hiergegen mit Beweisen für Verfassungstreue oder auch nur mit dem Bekenntnis zur Verfassung wehrt, erweckt den Anschein, er habe dies nötig. Vor dem Sich-Einlassen auf persönliche Angriffe ist zu warnen. Es gibt kaum ein anderes Gegenmittel, als Gleiches mit Gleichem heimzuzahlen – jedoch knapp, kühl, souverän, ach ja, ist oft schwer. Und - vielleicht hat man es ja drauf - mit Humor und Komik.

:chefren:
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Beitragvon mystica » Do 28. Nov 2019, 20:03

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Re: Partikel de

Beitragvon Willimox » Do 28. Nov 2019, 20:08

Es ist echt Kindergarten und ich frage mich, ob ich hier mit Akademikern oder törichten Kindern philosophiere??? :lol:


Sine ira et studio: Haec quaestio nobis communis.

Übrigens: Für Argumentation und Rhetorik eines der besten Werke, teuer, aber lohnend, für alle Fakultäten und keineswegs nur für Juristerei und für die Abwehr von Sophismen und ....:

Wolfgang Gast: Juristische Rhetorik. Karlsruhe: C.F. Müller Lehr- und Handbuch. 2015
(5. überarb. Auflage, über 500 Seiten).


Mit sportlichen Grüßen
Thrasybulus
:)
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Re: Partikel de

Beitragvon Willimox » Do 28. Nov 2019, 23:00

Salute, Longipes,

dein Hinweis auf die Villa Kunterbunt und ihr Stimmengewirr ist gewiss treffend. Und dass man bei der Lektüre instinktiv den Knopf zum Vorspulen sucht, lässt sich nicht bestreiten. Machen wir trotzdem und deswegen die Struktur des Threads deutlicher:

Nun, Marcus03 hat mit dem Zwiebelfischlink eine gute Grundlage gesetzt:

Zwischen "Neugier" und "Neugierde" besteht zwar ein klanglicher, aber kein qualitativer Unterschied. Beide Formen sind standardsprachlich korrekt und als gleichwertig anzusehen.
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Dasselbe gilt auch für die Wörter "Begier" und "Begierde"; auch hier sind beide Formen richtig und gleichbedeutend. "Begierde" ist allerdings die häufigere Form, "Begier" gilt als gehoben und ist dementsprechend selten anzutreffen.

Indes gibt es das Wort "Gierde" nicht allein, unsere Sprache kennt nur die "Gier". Andere "gierige" Zusammensetzungen wie Beutegier, Blutgier, Geldgier, Habgier, Mordgier, Raffgier gibt es nur mit "Gier", nicht mit "Gierde".

Einen klangähnlichen Fall stellt das Wortpaar Zier/Zierde dar. Auch hier sind zwei bedeutungsgleiche Formen existent, von denen die eine ebenso gut und richtig wie die andere ist.


Intrepidus hat dann - ohne den Zwiebelfisch anzugucken - mal eben die "Spiegelkeule" bemüht und den Synonymbegriff ins Spiel gebracht, wo Sick im Spiegel richtig und vorsichtig von "bedeutungsgleichen Formen" spricht.

Prudentius hat auf den Unterschied von "Begriff" und "Lexem" hingewiesen. Ein freudiger Anlass für Mystica, in Prudentius´Wort Hegelsche Geschichts- und Geistphilosophie aufscheinen zu sehen und das zu belächeln, was man unter "Positivismus" verstehen kann..

Thrasybulus hat die antiquarisch-elitäre bildungsbürgerliche Konnotation von "Zierde" und "Begierde" unter ausdrücklicher Zustimmung zu Longipes´ Kurzkommentar erwähnt. Ausserdem darauf hingewiesen, dass "-de" wohl eine denotationsarme Phonemfolge ist, allenfalls über die bereits genannte archaisierende Konnotation verfügen könnte.

Und dann hat er sich auf das ein- und ausgelassen :) , was ihm als unpräzise, analyse- und argumentationsferne Strategie in diesem Thread und anderswo auffiel: Die bedenkliche bis fahrlässige Spontanverknüpfung von Detailäußerungen mit theologisch-affirmativen oder mit materialistischen oder faschistischen Weltanschauungen, ohne aus Fairnessgründen zu prüfen, wie belastbar die Ableitung solcher Verknüpfungen und Conclusionen sind. Das ist der Typus "Wildschweine haben Haare, du hast Haare, du bist also ein Wildschwein".

Viele Leuchten, wenig Aufhellung, nicht geringe Aufregung:

Bild

Vale
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Re: Partikel de

Beitragvon Prudentius » Fr 29. Nov 2019, 11:36

Der Begriff des Begriffs sollte hier begriffen werden.


Es ist ja schön, was ihr alles aus meiner Fangphrase habt herauslesen können, aber das lag mir ganz fern, ich wollte ja nur auf etwas Elementares aus Grammatik oder Logik hinaus, auf ein essential, die Unterscheidung von Begriff und Namen, sie ist ja nicht so geläufig in unseren Kreisen; also "Begriff" ist eine gedankliche Aktivität, ein Zusammenfassen von vielem Einzelnen zu einer Einheit, z.B. Haus; im Begriff wird eine Einheit gesetzt; der Begriff hat mit Sprache nichts zu tun.
Im Gegensatz dazu ist Name etwas Sprachliches, das an sich nichts mit dem Begrifflichen zu tun hat; wir machen aber eine Zuordnung der Namen zu den Begriffen.
Der Unterschied lässt sich auch in der Cyberwelt veranschaulichen; ein Begriff entspricht einer Datei, file, und die Datei muss bekanntlich einen Namen haben, wir müssen ihr einen geben, wir können willkürlich dabei vorgehen. Aber der Name ist wesentlich, um die Datei in den übergreifenden Zusammenhang, directory, in den "Baum" einzuordnen.

Die Untescheidung Begriff-Name ermöglicht eine terminologisch befriedigende Beschreibung von Synonymie und Homonymie.
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