Einzelfall

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Einzelfall

Beitragvon sinemetu » Di 10. Dez 2019, 23:19

Einzelfall hat Häufigkeitsklasse 11, was dieses Wort selber widerlegt. Seltene Worte liegen bei über 20.
https://corpora.uni-leipzig.de/de/res?c ... Einzelfall

So sieht der Graph aus:
https://books.google.com/ngrams/graph?c ... ll%3B%2Cc0

Das Wort widerspricht sich also selbst. Es müßte, wollte man ihm Glauben schenken, so selten sein, daß es quase unterhalb der Erfassungsgrenze läge. Schon sein Plural erregt Verdacht. Und erst recht der Trend.
Zuletzt geändert von sinemetu am Mi 11. Dez 2019, 09:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Einzelfall

Beitragvon marcus03 » Mi 11. Dez 2019, 07:22

sinemetu hat geschrieben:Das Wort widerspricht sich also selbst.

Wie meinst du das genau?
https://de.wikipedia.org/wiki/Einzelfall
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Re: Einzelfall

Beitragvon medicus » Mi 11. Dez 2019, 08:07

sinemetu hat geschrieben: was dieses Wort selber widerlegt.

marcus03 hat geschrieben:Wie meinst du das genau?


Einzelfall ist kein Einzelfall. :roll:
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Re: Einzelfall

Beitragvon sinemetu » Mi 11. Dez 2019, 08:54

marcus03 hat geschrieben:Wie meinst du das genau?

Ein Einzelfall müßte so einzigartig sein, daß er sich 1. schon der Kategorie "Fall" entzieht. Denn schon die Subsumption unter den Begriff Fall zeigt an, daß er eben nur ein Fall unter Fällen ist, und das Einzel nur vorgetäuscht. Zum Beispiel könnte man sagen, der Jungfrauengeburt oder der Reichsdeputationshauptschluß seinen Einzelfälle. Richtige Einzelfälle indes sind so einzigartig, daß sie sich selber schon dem Begriff entziehen. Sie sind daher auch nicht beobachtbar, weil es dafür ja kein Wort gib, und wenn es kein Wort gibt, können sie auch nicht beobachtet werden. Und weil sie nicht beobachtet werden können, kann man auch nicht drüber reden. Und weil man nicht früher reden kann, gibt es dann logischerweise auch kein Wort. Es gibt kein Wort ohne Wiederholung! Die Wiederholung ist die Existenzgrundlage des Wortes! Ergo: Es gibt keinen Einzelfall, und Fälle schon gar nicht!
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Re: Einzelfall

Beitragvon marcus03 » Mi 11. Dez 2019, 09:09

sinemetu hat geschrieben: Es gibt keinen Einzelfall, und Fälle schon gar nicht!


Wittgenstein:

1. Die Welt ist alles, was der Fall ist.
1.1
Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.
1.11
Die Welt ist durch die Tatsachen bestimmt und dadurch, dass es alle Tatsachen sind.
1.12
Denn, die Gesamtheit der Tatsachen bestimmt, was der Fall ist und auch, was alles nicht der Fall ist.
1.13
Die Tatsachen im logischen Raum sind die Welt.
1.2
Die Welt zerfällt in Tatsachen.
1.21
Eines kann der Fall sein oder nicht der Fall sein und alles übrige gleich blieben.

2
Was der Fall ist, die Tatsache, ist das Bestehen von Sachverhalten.
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Re: Einzelfall

Beitragvon sinemetu » Mi 11. Dez 2019, 09:15

marcus03 hat geschrieben: Was der Fall ist, die Tatsache, ist das Bestehen von Sachverhalten.

Wittgenstein ist also ganz meiner Meinung! Er spricht auch von Sachverhalten, also Plural.

Übrigens, wer behauptet, die Welt sei eine Tatsache, postuliert Gott! Und auch wer sagt, die Welt sei der Fall, spricht theologisch. Die Astronomen meinen, die Welt sei kein Einzelfall....
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Re: Einzelfall

Beitragvon marcus03 » Mi 11. Dez 2019, 09:56

sinemetu hat geschrieben:Übrigens, wer behauptet, die Welt sei eine Tatsache, postuliert Gott!

Inwiefern? :?

sinemetu hat geschrieben:Er spricht auch von Sachverhalten, also Plural.

Die alle der Fall sind. Also gibt es unendlich viele "Fälle".
Jeder Mensch ist ein Fall für sich, also ein Einzelfall unter 7 Milliarden Fällen, die der Fall sind.

Nicht zu vergessen alle fiktiven Fälle, die noch nicht der Fall sind, aber es einmal sein könnten
und die scheinbar absolut undenkbaren Fälle.

Dass die Welt der Fall ist, ist nach heutigem Wissensstand ein extrem unwahrscheinlicher Fall im Quantenvakuum vor dem Urknall gewesen (1zu 10 hoch 500). Sie ist aber nun einmal der Fall mit all ihren grandiosen und absurden Sachverhalten.
Es gibt sie, weil ein besonderer Zufall einst der Fall war. Doch gibt es Zufälle?
Warum kommt es zu Zufällen? Nihil fit sine causa. Zufälle sind offenbar notwendig.
Welche Not hat der Zufall für wen einst gewendet? War den Quanten unendlich langweilig? :nixweiss:
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Re: Einzelfall

Beitragvon Prudentius » Mi 11. Dez 2019, 19:07

sinemetu hat geschrieben:Das Wort widerspricht sich also selbst.


So kann man nicht sagen, zu einem Widerspruch gehören zwei Sätze, formal ist ein Widerspruch
"A und non-A".

Ein Widerspruch setzt Wahrheit und Falschheit voraus; nur Sätze sind wahrheitsfähig; Worte sind nicht wahr oder falsch, sondern zutreffend oder nicht.

Wenn etwas "sich selbst widersprechen" soll, dann muss es also aus zwei Sätzen bestehen. Zur Not ginge höchstens ein Satz, ungefähr so: "dieser Satz besteht aus 7 Wörtern", wobei es nur 6 sind; aber dabei tritt dieser Satz in zweierlei Funktion auf.
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Re: Einzelfall

Beitragvon sinemetu » Mi 11. Dez 2019, 19:11

Prudentius hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben: nur Sätze sind wahrheitsfähig; Worte sind nicht wahr oder falsch, sondern zutreffend oder nicht.

Ich verstehe, aber ist ein Wort, wenn nicht ein AussageSatz, so doch mindestens eine implizite Behauptung? Wenn jemand sagt, der Gott hat die Welt erschaffen, dann behauptet er mit dem sagen des Wortes Gott doch implizit: es gibt einen Gott!
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Re: Einzelfall

Beitragvon marcus03 » Mi 11. Dez 2019, 19:47

sinemetu hat geschrieben:Wenn jemand sagt, der Gott hat die Welt erschaffen, dann behauptet er mit dem sagen des Wortes Gott doch implizit: es gibt einen Gott!

Das ist eine Behauptung, die nicht wahrheitsfähig ist.
Zudem wäre zu klären, was die Behauptung konkret bedeuten soll? Was heißt "erschaffen"?
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Re: Einzelfall

Beitragvon sinemetu » Mi 11. Dez 2019, 20:03

marcus03 hat geschrieben:Das ist eine Behauptung, die nicht wahrheitsfähig ist.

Welche jetzt? :?
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Re: Einzelfall

Beitragvon marcus03 » Mi 11. Dez 2019, 20:12

Dass Gott die Welt erschaffen hat, ist eine Behauptung und als solche eine nicht wahrheitsfähige Aussage.
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Re: Einzelfall

Beitragvon sinemetu » Mi 11. Dez 2019, 20:19

marcus03 hat geschrieben:Dass Gott die Welt erschaffen hat, ist eine Behauptung und als solche eine nicht wahrheitsfähige Aussage.

Darum ging es nicht, es ging darum, ob der, der einen Satz mit Gott sagt, implizite behauptet: Es gibt einen Gott. Prudentius hatte gesagt, nur Sätze sind wahrheitsfähig und nicht Worte. Ich wollte darauf verweisen, ob nicht das Wort schon eine Aussage, also ein Satz ist.
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Re: Einzelfall

Beitragvon marcus03 » Mi 11. Dez 2019, 20:29

Für den Sprecher gibt es Gott, sonst würde er die Behauptung nicht aufstellen, es sei denn, er zitiert die
Behauptung. Es fehlt ein Kontext.

vgl:
Es gibt keinen Gott, spricht der Narr (AT).
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Re: Einzelfall

Beitragvon sinemetu » Mi 11. Dez 2019, 20:36

Also, nochmal die Frage: Ist ein Wort nun eine implizite Existenzbehauptung, oder nicht? Wenn ja, können auch Worte schon wahr oder falsch sein....
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