Halt, Moment, Laptop!
Deine Nachrichten lesen sich fast so, als läge hier ein gewisses Missverständnis vor - eines übrigens, das vor allem die Schule reproduziert. Auch wenn du dir der Zusammenhänge bewusst bist, muss man die Sache hier für alle ggf. Mitlesenden klar erklären:
Die Längen und Kürzen der Silben liegen der Poesie zugrunde und bilden deren Voraussetzung, nicht umgekehrt. Die Tatsache, dass das Lateinische deutlich unterscheidbare lange und kurze Silben hat (und dies zunächst einmal unabhängig von Betonung und Nicht-Betonung) - all dies in ziemlichem Gegensatz zum Deutschen! -, bildet die Voraussetzung dafür, dass eine quantitierende Poesie überhaupt funktionieren kann. Die deutsche Prosodie ist anders gestrickt, weshalb - trotz einiger poetischer Versuche in der früheren Neuzeit - im Deutschen eine quantitierende Poesie praktisch unmöglich ist.
Provozierend gesagt: Der soll nicht glauben, er beherrsche lateinische Aussprache, der nicht saubere Silbenlängen und -kürzen zu sprechen (oder zumindest zu lesen) gelernt hat. Das ist nicht trivial und geht keineswegs automatisch; das Erlernen und Einüben dieser "Kunst" ist heute im Zweifelsfall mit einiger Arbeit verbunden. Ich gebe zu, dass ich das im Unterricht auch nicht sehr konsequent verfolge; aber ich bin mir bewusst, dass damit ein ganz elementarer Aspekt der lateinischen Aussprache - dessen Rolle zudem für die Ästhetik von Vers wie Prosa nicht zu unterschätzen ist - flöten geht.
Valeas.
P.S.: Zu Recht widmet Prof. Stroh in seinen Vorlesungen zur lateinischen Aussprache (nicht: Metrik!) der Silbe zweieinhalb Vorlesungensitzungen, anzuhören und mitzulesen hier:
http://stroh.userweb.mwn.de/scholae/vl_ ... 10-11.html