U=V

Für alle Fragen rund um Latein in der Schule und im Alltag

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Re: U=V

Beitragvon Laptop » Mo 29. Jun 2020, 08:21

ille ego qui hat geschrieben:Ich glaube, Tiberis hat sich selbst korrigiert.


ok. Es ist durchaus ein gutes Argument mal zu fragen, warum in arguo, distinguo das u nicht halbvokalisch geworden ist. Eigentlich müßte man ja dann ein Trema setzen, um diesen Regelbruch für Schüler zu kennzeichnen.
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Re: U=V

Beitragvon ille ego qui » Mo 29. Jun 2020, 08:21

Laptop hat geschrieben:Ich finde Makron und Breve sollten der Angabe Vokallängen vorbehalten sein, nicht der von Silbenlängen. Dann hat man noch die Option ggf. Vokallängen zusätzlich zu kennzeichnen, was ja keinesfalls trivial ist, selbst Latein-Professoren sind sich bei Vokallängen oft unsicher. Dann schon lieber die Silbenlängen-Kennzeichnung weglassen.


Salve Laptop!

Wie kennzeichnest du Silbenlängen in der Metrik? Um diese ging es ja hier. Marcus03 hat ein automatisches Metrik-Analyse-Tool benutzt, da kommt das (leider) so heraus.
Im Idealfall notiert man die metrischen bzw. Silben-Längen und -Kürzen so, dass man als Leser nicht auf die Idee kommen kann, sie beträfen nur einzelne Vokale, also deutlich unter oder - wie z.B. Stroh es vorschlägt - unter den Vers.
Die Silbenquantitäten - um die man ja etwa im Metrikunterricht kaum herumkommt - könnte man natürlich etwa auch mit Notenzeichen kennzeichnen - was wohl etwas länger dauern würde -, aber der Usus ist sehr stark ...

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Re: U=V

Beitragvon ille ego qui » Mo 29. Jun 2020, 08:24

Laptop hat geschrieben:
ille ego qui hat geschrieben:Ich glaube, Tiberis hat sich selbst korrigiert.


ok. Es ist durchaus ein gutes Argument mal zu fragen, warum in arguo, distinguo das u nicht halbvokalisch geworden ist. Eigentlich müßte man ja dann ein Trema setzen, um diesen Regelbruch für Schüler zu kennzeichnen.


Eigentlich (!) müsste man dem Halbvokal konsequent mit v schreiben. Eine hier wie auch immer zu konstruierende Regel wäre wohl eh eine ziemliche Überforderung.
Ich glaube übrigens kaum, dass man vor dem Hintergrund der Belege noch davon ausgehen kann, dass in distinguo das u vokalisch zu sprechen sei.
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Re: U=V

Beitragvon Laptop » Mo 29. Jun 2020, 08:27

Ille ego qui, ich kennzeichne sie handschriftlich mit Strich unter der Silbe, die lang ist. Da es das typographisch nur sehr umständlich über Unterstreichungen ( da markiert man sich einen Wolf ) zu machen ist, zeichne ich es auf ein Blatt und scanne es dann ein.

Ich glaube übrigens kaum, dass man vor dem Hintergrund der Belege noch davon ausgehen kann, dass in distinguo das u vokalisch zu sprechen sei.

Oh? Wenn Du schon genug Material durchgesichtest hast, glaube ich das. Wobei ich überrascht bin. Dann wäre tatsächlich der Usus das u vokalisch in diesen zu sprechen, den auch Tiberis schon angesprochen hat, ein Irrtum, und arguo bspw., ist tatsächlich zweisilbig?
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Re: U=V

Beitragvon marcus03 » Mo 29. Jun 2020, 08:46

ille ego qui hat geschrieben:Marcus03 hat ein automatisches Metrik-Analyse-Tool benutzt, da kommt das (leider) so heraus.

Da es um Silben geht, was jeder weiß, sollte das kein Problem sein.
Üblich in der Schule ist mW: _ vv /_ _ /_ x , was man unter die Silben zu schreiben pflegt. :)
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Re: U=V

Beitragvon Sapientius » Mo 29. Jun 2020, 09:42

Schöner ist es so: —◡◡ ..., leicht kopierbar!
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Re: U=V

Beitragvon Tiberis » Mo 29. Jun 2020, 10:28

Laptop hat geschrieben:und arguo bspw., ist tatsächlich zweisilbig?


nein! vgl.z.B. Hor.ep.1,19,6 laudibus arguitur vini vinosus Homerus

grundsätzlich ist bei den Verba auf -uo das u schon vokalisch. Aber die Wörter auf -ngu- +Endung nehmen offenbar eine Sonderstellung ein, da hier das u halbvokalisch (also wie w) gesprochen wird.
Daher ist also metuo naturgemäß dreisilbig, während distinguo zweisilbig ist.
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Re: U=V

Beitragvon Laptop » Mo 29. Jun 2020, 11:53

Tiberis, *Daumen hoch*.

Zur Skansion: die Silbenquantität ergibt sich von selbst, wenn man Silbentrennungen samt Vokalquantitäten kennt/sieht. Umgekehrt ist es nicht so, die Vokalquantitäten kann man nicht immer ableiten. Insofern ist mir nicht klar, warum Silbenquantitäten angegeben werden (bzw. angegeben werden sollen), Vokalquantitäten aber nicht? Was ergibt das für einen Sinn für den Lerneffekt? Kenntnis der Vokalquantitäten ist für den Spracherwerb zentral, jedenfalls bedeutsamer als Hebungen und Senkungen. Selbst wenn man für den Spracherwerb jede Sprechfähigkeit ausklammert. Denn im Kopf geht selbst beim Lesen eine flüsternde innere Stimme mit. Ich kann mir das nur mit dem Argument "Hauptsache die sind beschäftigt" erklären. Wie gerne hätte ich Vokalquantitäten in der Schule gelernt!

Vielleicht sowas:
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Re: U=V

Beitragvon ille ego qui » Mo 29. Jun 2020, 14:12

Manchmal braucht man eben doch die Silbenquantitäten, beispielsweise für die Metrik. Und man bräuchte sie in gewisser Hinsicht evtl. aus didaktischen Gründen, um die korrekte Aussprache zu lernen, denn wenn man bei den Vokalquantitäten stehen bleibt, bringt man die lateinische Aussprache fast um ihr Eigentliches.
Übrigens geht es hier nicht um Hebungen und Senkungen, sondern einfach nur um Silbenquantitäten.
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Re: U=V

Beitragvon ille ego qui » Mo 29. Jun 2020, 14:16

Auf denen wiederum die ganze Poesie beruht.
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Re: U=V

Beitragvon Laptop » Mo 29. Jun 2020, 14:32

Sicherlich, es ging nur um Belege, da hatte ich den Faden verloren ... Aber am Rande: Spracherwerb hat mit Poesie reichlich wenig zu tun. Da werden Dinge vermengt, Poesie auf Kosten des Spracherwerbs. Das funktioniert nicht, und dass es nicht funktioniert sieht man an den Lateinkenntnissen, die ehemalige Lateinschüler noch abrufen können.
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Re: U=V

Beitragvon ille ego qui » Mo 29. Jun 2020, 18:01

Halt, Moment, Laptop!
Deine Nachrichten lesen sich fast so, als läge hier ein gewisses Missverständnis vor - eines übrigens, das vor allem die Schule reproduziert. Auch wenn du dir der Zusammenhänge bewusst bist, muss man die Sache hier für alle ggf. Mitlesenden klar erklären:
Die Längen und Kürzen der Silben liegen der Poesie zugrunde und bilden deren Voraussetzung, nicht umgekehrt. Die Tatsache, dass das Lateinische deutlich unterscheidbare lange und kurze Silben hat (und dies zunächst einmal unabhängig von Betonung und Nicht-Betonung) - all dies in ziemlichem Gegensatz zum Deutschen! -, bildet die Voraussetzung dafür, dass eine quantitierende Poesie überhaupt funktionieren kann. Die deutsche Prosodie ist anders gestrickt, weshalb - trotz einiger poetischer Versuche in der früheren Neuzeit - im Deutschen eine quantitierende Poesie praktisch unmöglich ist.
Provozierend gesagt: Der soll nicht glauben, er beherrsche lateinische Aussprache, der nicht saubere Silbenlängen und -kürzen zu sprechen (oder zumindest zu lesen) gelernt hat. Das ist nicht trivial und geht keineswegs automatisch; das Erlernen und Einüben dieser "Kunst" ist heute im Zweifelsfall mit einiger Arbeit verbunden. Ich gebe zu, dass ich das im Unterricht auch nicht sehr konsequent verfolge; aber ich bin mir bewusst, dass damit ein ganz elementarer Aspekt der lateinischen Aussprache - dessen Rolle zudem für die Ästhetik von Vers wie Prosa nicht zu unterschätzen ist - flöten geht.

Valeas.


P.S.: Zu Recht widmet Prof. Stroh in seinen Vorlesungen zur lateinischen Aussprache (nicht: Metrik!) der Silbe zweieinhalb Vorlesungensitzungen, anzuhören und mitzulesen hier:
http://stroh.userweb.mwn.de/scholae/vl_ ... 10-11.html
Zuletzt geändert von ille ego qui am Mo 29. Jun 2020, 18:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: U=V

Beitragvon ille ego qui » Mo 29. Jun 2020, 18:09

Ecce:
http://stroh.userweb.mwn.de/scholae/vl_ ... evibus.mp3

P.S.: Gerade an den Wortgrenzen macht das Erlernen dieses Aspekts der Aussprache der*dem Deutschen einige Schwierigkeiten.
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Re: U=V

Beitragvon ille ego qui » Mo 29. Jun 2020, 18:18

Noch zwei Addenda:
- Laptops "usus", "distingúere" zu lesen, ist mir zuletzt in meiner eigenen Schulzeit begegnet; an der Uni - glaube ich - hört man das heute kaum mehr.
- Marci03 "usus", die Silbenquantitäten unter die Verse zu schreiben, kenne ich tatsächlich auch nur von Stroh-Schülern in und um München (vgl. eben verlinkte mp3-Datei). Weder an der Schule noch an der Uni ist mir diese - sinnvolle - Sitte ansonsten irgendwo begegnet.
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Re: U=V

Beitragvon Tiberis » Mo 29. Jun 2020, 23:41

Lieber Christian, nimm es mir nicht übel, wenn ich - data occasione - wieder einmal sagen muss, dass mir der schwülstig-deklamatorische Redestil dieses Herrn (scil.Prof.Stroh) geradezu physisches Unbehagen verursacht. Er deklamiert nach bester asianischer Art im genus grande, als ob er eine oratio ad populum hielte und seine Zuhörerschaft emotional mitreißen müsste. Für ein Sachthema wie die lateinische Aussprache ist dieses Pathos jedoch völlig unangebracht.
Abgesehen davon ist auch die Aussprache Strohs zu kritisieren: Wie fast alle Deutschen spricht er Dentale oft aspiriert aus, was in romanischen Sprachen (abgesehen vom Französischen) ein absolutes No- go ist, weiters - und das ist noch viel störender - verwendet er das "Zäpfchen-r" statt des Zungen-R ; und schließlich wurde auch der Diphthong ae in klassischer Zeit nicht mehr wie ai gesprochen, sondern eben ae (natürlich nicht ä), aber eben als Diphthong und nicht zweisilbig, wie Strohs Aussprache mitunter suggeriert. :x
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