Oratio obliqua - vollständige Informationen

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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon marcus03 » Sa 4. Jul 2020, 09:26

Sapientius hat geschrieben:dann können wir keinen Platz auf der höheren Schule beanspruchen, die der Wissenschaftspropädeutik dient

Anspruch und Wirklichkeit klaffen auch hier wohl weit auseinander.
Warum brechen 30% das Studium wieder ab, das zudem immer verschulter geworden ist, was
man so hört? Die wirkliche Studierfähigkeit von Abiturienten wird immer wieder beklagt.

https://www.forschung-und-lehre.de/lehr ... chief-894/
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 4. Jul 2020, 11:02

Dieses Übergangsproblem bestand doch in meiner Zeit schon. Als ich Medizin zu studieren begann, war vieles neu. Viele von uns mussten Biochemie und Chemie für Mediziner komplett neu lernen, weil man es in der Schule zu wenig gehabt hatte. Das war auch der Spezialisierung im Gymnasium geschuldet. Vorrangig ist Allgemeinwissen und die Befähigung zum selbständigen Arbeiten. Der Rest lässt sich dann auch im Studium anwenden. Eine grundsätzliche Ausdauer braucht man in jedem Studium.
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon medicus » Sa 4. Jul 2020, 11:34

Medicus domesticus hat geschrieben:Als ich Medizin zu studieren begann, war vieles neu.

War das nicht zu allen Zeiten und in allen Fächern so? :roll:
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon marcus03 » Sa 4. Jul 2020, 11:38

Medicus domesticus hat geschrieben:Eine grundsätzliche Ausdauer braucht man in jedem Studium.

Auch die will gelernt sein, was nicht einfach ist in immer hektischeren Zeiten mit immer mehr Druck
von allen Seiten. Mensch bleiben wird dabei immer schwieriger.
vgl. das neue Buch von David R. Precht, Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens.
Ein sehr nachdenklich stimmendes Buch.
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon medicus » Sa 4. Jul 2020, 11:41

Ihr, oh ihr Gelehrte, wart zuletzt bei dem Thema " Was ist ein Satz?" Da fand ich im Netz dieses. :cry: Was sagt ihr dazu? :book:
https://de.wikipedia.org/wiki/Feldermod ... hen_Satzes
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon Tiberis » Sa 4. Jul 2020, 20:13

@medicum

für lateinische Sätze völlig unbrauchbar.
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon ille ego qui » Do 9. Jul 2020, 06:43

Auf der zitierten Seite halte ich auch für ungeschickt, dass der Potentialis ausgerechnet von puto abhängig gemacht werden soll. Durch puto ist ja Potentialität bereits ausgedrückt.

Ich frage mich, ob die Coniugatio periphrastica (PFA + esse) zumindest in solchen Fällen zur Anwendung kommen müsste, wo ein Potentialis die Zukunft betrifft.

"Si Iulia cras veniat/venerit, gaudeat etiam Fabius."
(Kann man den Potentialis so verwenden???)

=> Dicit...etiam Fabium gavisurum esse.

Was meint ihr?
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon marcus03 » Do 9. Jul 2020, 09:25

Das wird mMn doch auch hier ausgedrückt:

B) Potentialer Fall (Möglichkeit)

1. Gegenwart

Si id dicat, erret

Wenn er das sagen sollte, dürfte er wohl irren. (Er sagt es ja noch nicht.)

Puto, si id dicat, eum erraturum esse

Putabam, si id diceret, eum erraturum esse
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon ille ego qui » Do 9. Jul 2020, 09:44

Wie gesagt, das "putare" scheint mir hier sehr ungeeignet, da es den eigentlichen Potentialis semantisch aus der Oratio obliqua herauszieht.

Übrigens meine ich auch, dass man in dem Beispiel das Futur wirklich nicht (zwingend) braucht, da man das "dicat" usw. auch etwas genereller interpretieren kann ("Wenn der das meint ... / Wenn er das sagt (ich habe noch nicht gehört, was er so dazu sagt ...)"). Und so läge mir tatsächlich diejenige Umsetzung in die Oratio obliqua nahe, wie sie ja auch MBS empfehlen.
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon Sapientius » Do 9. Jul 2020, 16:19

Tiberis hat geschrieben:für lateinische Sätze völlig unbrauchbar.


Tiberis, du hängst zu sehr an den alten Modellen, sei flexibler, aufgeschlossen für Neuerungen!

Über die Feldtheorie lohnt es sich nachzudenken, sie wäre brauchbar für uns; allerdings sind deren Vertreter als Linguisten blind für die Dynamik des Satzaufbaus, die durch die beiden Kräfte der Kasusrektion und der Kongruenz gegeben ist; ich würde darum lieber von "Kraftfeld" sprechen als von "Feld"; der Unterschied ist der, dass das Kraftfeld ein Zentrum hat und gerichtet ist. Wenn man nimmt "Aequam memento rebus in arduis servare mentem", dann haben wir ein Feld "aequam ... mentem" mit mentem als Zentrum und Richtung von mentem zu aequam, Kongruenz. Dieses Feld ist einbezogen in das größere Feld "servare mentem aequam" und dieses in das noch größere "memento servare"; ein weiteres Feld ist "rebus in arduis", mit der Präposition als Zentrum mit Kasusrektion.
Man kann sagen, man hat einen Satz verstanden, wenn man die Felder richtig wahrgenommen hat.
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon Sapientius » Do 9. Jul 2020, 16:27

medicus hat geschrieben:Ihr, oh ihr Gelehrte, wart zuletzt bei dem Thema " Was ist ein Satz?"


Was haltet ihr davon: "Ein Satz ist eine Wortreihe, die wahrheitsfähig ist"?

Der für die Sprache so wichtige Begriff der Wahrheit hat es nicht geschafft, in den Horizont der Grammatik einzutreten; woran liegt das? Vllt. daran, dass die Grammatik aus der Stilistik hervorgegangen ist, und dabei kommt es auf "schön sprechen" an, nicht auf "wahr sprechen".
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon marcus03 » Do 9. Jul 2020, 18:16

Womit wir bei der Frage sind: Was ist Wahrheit?
Dazu gibt es bekanntlich verschiedene Theorien:

https://de.wikipedia.org/wiki/Wahrheit# ... 9Cberblick

An die Stelle der Wahrheit zudem tritt immer mehr die Wahrscheinlichkeit u.a. in den Naturwissenschaften.
Oder wie der Bayer sagt: Nix gwiss woas ma ned. ;-)
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon consus » Do 9. Jul 2020, 20:22

marcus03 hat geschrieben:...Oder wie der Bayer sagt: Nix gwiss woas ma ned. ;-)
... und die Philosophie vom Niederrhein nach H. D. Hüsch: "genaue Unkenntnis von allen Dingen"*.
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* "Ich mein, ich weiß schon wat, aber dat is, womma sagen, nix Halbes und nix Ganzes. Ich weiß nur son paar Sachen, aber die behalt ich lieber für mich".
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon ille ego qui » Do 9. Jul 2020, 23:28

Sapientius hat geschrieben:
medicus hat geschrieben:Ihr, oh ihr Gelehrte, wart zuletzt bei dem Thema " Was ist ein Satz?"


Was haltet ihr davon: "Ein Satz ist eine Wortreihe, die wahrheitsfähig ist"?

Der für die Sprache so wichtige Begriff der Wahrheit hat es nicht geschafft, in den Horizont der Grammatik einzutreten; woran liegt das? Vllt. daran, dass die Grammatik aus der Stilistik hervorgegangen ist, und dabei kommt es auf "schön sprechen" an, nicht auf "wahr sprechen".


Deckt diese Definition denn auch Frage-, Ausrufe- und sogar Begehrsätze ab?
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Re: Oratio obliqua - vollständige Informationen

Beitragvon marcus03 » Fr 10. Jul 2020, 07:10

ille ego qui hat geschrieben:Deckt diese Definition denn auch Frage-, Ausrufe- und sogar Begehrsätze ab?

Nein, natürlich nicht. In der Logik geht es nur um Aussagesätze.
Nur Aussagen können wahr oder falsch (oder unentscheidbar) sein.
Fragen oder Ausrufe können nur sinnvoll oder sinnfrei sein.
Man sollte daher nicht von Sätzen sprechen, sondern von Äußerungen in Frageform bzw.
Ausrufeform.
Für den Logiker sind solche Äußerungen keine Sätze.
Es ist nur eine Konvention, sie unter dem genus proximum "Satz" zu behandeln.
In der Logik haben Begriffe oft eine andere Bedeutung als in der Alltagssprache.
Zum Lachen und Nachdenken:
https://www.watson.ch/spass/watson-lese ... -verstehen

https://de.wikipedia.org/wiki/Satz_(Grammatik)
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