medicus hat geschrieben:Das Partizip Perfekt mancher Deponentien kann jedoch auch Gleichzeitigkeit ausdrücken
Der Begriff "Gleichzeitigkeit" darf hier nicht zu wörtlich genommen werden. Statt dessen sprechen Kühner-Stegmann (II,1,759f) von einem "bereits eingetretenen Zustand". Nehmen wir folgendes Beispiel (Caes.B.G.3,28,1):
Arbitratus id bellum celeriter confici posse eo exercitum adduxit.
= in der Meinung, dass usw.
Caesar meint das ja nicht nur, während er das Heer dorthin führt, sondern er ist gewissermaßen zu dieser Meinung gelangt (sie war also ausschlaggebend für die Truppenbewegung). arbitratus ist also gleichermaßen vorzeitig wie gleichzeitig zu verstehen.
Ähnlich auch BG 1,20,1: Diviciacus Caesarem complexus obsecrare coepit, ne quid gravius in fratrem statueret.
D. umarmte Caesar und begann ihn anzuflehen...
Auch hier ist Gleichzeitigkeit von Vorzeitigkeit kaum zu trennen. Das Umarmen beginnt zwar schon , bevor ihn Diviciacus anfleht, hält aber während des Anflehens noch an (eingetretener Zustand!).
Oder BG 7,11,6: Caesar veritus, ne noctu ex oppido profugerent, duas legiones in armis excubare iubet.
(= aus Furcht, sie könnten in der Nacht aus der Stadt fliehen...)
Die Furcht Caesars ist einerseits der Grund für den Befehl an die Legionen, andererseits besteht sie auch im Zeitpunkt der Befehlsausgabe. Auch hier wieder gilt: es geht nicht um ein entweder (gleichzeitig) - oder (vorzeitig), sondern um ein sowohl - als auch.
marcus03 hat geschrieben:Gibt es einen Unterschied im Gebrauch von usus und utens?
der Gebrauch von usus entspricht jenem in den o.a. Beispielen; utens (ziemlich selten!) würde wohl strikte Gleichzeitigkeit bezeichnen.