von ClaudiaK » So 24. Apr 2022, 22:42
Es gibt einen Aufsatz von Klaus Westphalen: Lateinische Unterrichtswerke einst und jetzt, in: Lateinischer Sprachunterricht auf neuen Grundlagen 1 von 2008.
Darin beschreibt der Autor, der selber an einigen Büchern mitgearbeitet hat, 4 Generationen. Von diesen Generationen kann man zwar nicht den Unterrichtsverlauf ableiten, aber wohl erahnen:
1. Generation: 50/60ger Jahre
Ohne inhaltliche Ausrichtung.
Schwerpunkt: Sprachschulung, Grammatik, Paradigmen werden vertikal gelernt, Einzelsätze
Inhalt: kein Ordnungsprinzip, keine kindgerechte Inhalte, Bravheitsregeln
Realienkunde sporadisch
2. Generation: 70ger Jahre
Inhaltlich neu nach der DAV Matrix:
Gleichwertigkeit von Sprache : Literatur/Geschichte : Grundfragen menschl. Daseins (Philosophie)
Fremdsprache wird zum Bildungsfach mit Umbruch:
- vom Einzelsatz zum Text
- vom Sprachlernen zur Sprachreflexion
- von der Grammatik zur Einführung in die Römische Wertewelt
3.Generation nach 1990er Jahre
hinzukommende Dimensionen: Schülerorientierung, Anschaulichkeit, Selbständigkeit, methodische Vielfalt
4. Generation seit 2000 Jahre
evtl. durch die Bedrohung vom Stundenplan gestrichen zu werden, hat Latein sein Profil in Bezug auf einen gesteigerten Bildungsanspruch zu schärfen versucht,
ambitionierte Schlagworte sind: Übungsfeld historischer Kommunikation, Werteerziehung, Europaidee
also Geschichte und Kultur tauchen mehr denn je in den Lehrwerken auf.
Jüngste Entwicklungen
tragen der schnell weiter entwickelten methodischen Möglichkeiten der neuen Medien Rechnung.
...
Einordnung der Erfahrungen:
Die Erfahrungen des medicus domesticus und von Tiberis entsprechen den analysierten Schwerpunkten der Lehrbücher aus der jeweiligen Zeit. Wobei der LK des medicus domesticus in die Umbruchzeit fällt, in der die Lehrer selber noch grammatischen Formalunterricht erhalten haben, gleichzeitig ihr eigenes Interesse an Kultur, Geschichte und Philosophie lehrplanmäßig durch die DAF-Matrix gefordert in die Unterrichtsgestaltung einfließen lassen durften und kurz vor einer noch stärkeren Schülerorientierung standen. Der motivierende und auf lange Zeit hinaus begeisternde Unterricht, wie ihn der m.d. genossen hat, war also durchaus Intention des Lehrplans und hatte weniger mit der Vorliebe und den persönlichen Kenntnissen der Lehrkraft zu tun.