1. O diese empathieverweigernden Szientisten!Woher rührt das Unbehagen an diesem solchen Interview? Ist es das unmittelbare Zusammentreffen zweier Religionen, der des Christentum und der des Scientismus? Ist es die obstinate Verweigerung jeglicher Empathie gegenüber dem Homo patiens, der kalte unbestechliche Blick abseits jeder Gefühlsregung, der einen Mengele im Hinterkopf des Lesers zitiert? Oder ist es gar die Superbia scientiae, die ein Verstimmung im Leser zurückläßt? [...]
Eine Sache erklären, heißt, die unmittelbare Urheberschaft Gottes, die eigentlich immer gilt und hinter allem steht, zu negieren, und auf eine immanente Ursache-Folgekette aus Begriffen zu verweisen. In diesem Sinne ist die Ursache von Stigmata ein krankhaftes Sich-Versenken einer ansonsten gesunden Seele in das Leiden eines anderen, aufgrund dessen vorgestellter Gottessohnschaft. Und schon ist alles nicht mehr wunderbar, der ganze Kosmos sympathikos gerät aus dem Blickfeld und übrig bleibt eine Krankheit! Genau diese Reaktion im Bewußtsein ist das Ziel von Think-Design. Dem Gotte die Seele abspenstig machen.
Brakbekl
Gerd Overbeck
http://www.med.uni-frankfurt.de/foerderer/emeriti/overbeck/index.htmlNach der Lektüre des SZ- Interviews scheint mir: die Brakbeklsche Deutung ist herb und wenig textsensitiv, nein, eher polemikgesteuert, vorschnell und ideologisch verkürzt, auf einen planierenden, schreddernden, selbstverliebten Aufklärungs- und Wissenschaftskult zielend, den man Gerd Overbeck und seinem Jesuitenkollegen Ulrich Niemann kaum unterstellen kann: Ulrich Niemann war unter anderem mit dem Fall Anneliese Michel befasst und hat die deutschen Bischöfe hinsichtlich der Exorzismusnormen beraten. Overbeck war ebenfalls durch die Geschichte A. Michels motiviert. Leidensgeschichte, in der sehr viel auf fundamentalistisches Gedankengut (Wunderglaube, Sühneleiden, Stigmata) und Folgeleiden hinweist.
Bei Overbeck und Niemann kein Anstürmen gegen Glaubenswahrheiten, kein szientifischer Kreuzzug. Belege?
Hier ein paar Details für eine Kritische Würdigung der Overbeckschen Thesen.
2. Kritische Würdigung2.1 Anneliese MichelGerd Overbeck hat Medizin studiert und wurde 1976 Professor, später Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Frankfurt am Main. Sein Interesse an Phänomenen religiösen Wahns wurde durch den Schock geweckt, den 1976 der Tod der epilepsiekranken Anneliese Michel in Deutschland auslöste, die nach einem Exorzismus gestorben war. Zusammen mit dem mittlerweile verstorbenen Jesuitenpater und Mediziner Ulrich Niemann betreute er über mehrere Jahrzehnte Patienten, die unter religiösem Wahn litten und Stigmata trugen.
http://www.youtube.com/watch?v=GR-cxBvjjZ4"jenseits" der reißerischen Musik - ab Minute 5 ergiebig.
Unsäglich bescheuerte "GhostHunters", aber die aktuelle Begegnung mit A. Michels Mutter (2011) in Klingenberg, der Kult um das Kinderzimmer und die Kapelle, ergiebig.
http://www.youtube.com/watch?v=VKdgyr5k8j0etwa ab vierter Minute
Hier einschlägige Seite zu Stigmatisierung und Nahrungslosigkeit:
http://kath-zdw.ch/maria/stigma.html2.2 Kreuzigung und Stigmata (und der Freiheitsbegriff)Was spricht für diese These: Die Kreuzigungswundmale bei Stigmatisierten dürften wohl der Imagination entspringen?
In der römischen Besetzungszeit wurde die Kreuzigung "nur" mit Stricken und einem Fußpodest praktiziert ("crucibus affixi"),
sollte eine Nagelung existiert haben, so ist eine Nagelung der Handteller - eine favorisierte Stelle von Nachfolgestigmata - wohl eher auszuschließen.
Unabhängig von diesem historischen Argument: Einen schweren Körper mit Nägeln zu befestigen ist anatomisch gesehen problematisch.
Kein Evangelium notiert eine Nagelkreuzigung in der aktuellen Situation, es gibt bei Johannes (ungläubiger Thomas) die Frage nach den Nägelmalen (Joh 20,25),
ähnlich Lk 24, 39. Die Augenzeugenschaft der Genannten ist in der Bibel-Forschung umstritten
Erst nach der Zeit der Kreuzzüge spielen die Nägelmale eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt bei dem wechselseitigen Auf- und Abwerten entsprechender
Reliquien als echt oder als Betrug
Heute tendieren Kirchenvertreter durchaus zu psychsomatischen Erklärungen (man vergleiche etwa Paul Bösch: Franz von Assisi-neuer Christus.
Die Geschiche einer Verklärung. Düsseldorf 2005)
Wie argumentiert ein erster Leserbriefschreiber zum SZ-Artikel? Lohnt sich zu lesen:
Rainer Braehler (0)
Interessant mit welcher lockeren Bestimmtheit Herr Overbeck vermeitliche archäologische Tatsachen schafft. Es gibt keine Beweise daß Jesus bei seiner Kreuzigung " nur " an das Kreuz gebunden wurde. Es ist vielmehr davon auszugehen dass Jesus mit der anzunehmenden Standardtechnik gekreuzigt wurde. Es gibt zwar auch hier eine schlechte Beweislage aber die Römer haben wahrscheinlich die Nägel durch Speiche und Elle getrieben und die Beine seitlich vom Kreuz an den Knöcheln befestigt. Die Kreuzigunsdarstellungen in der christlichen Kunst sind daher anatomisch falsch aber spirituell richtig, denn die Handflächen sind zum Segnen sehr wichtig, diese Kraft sollte zerstört werden. Die Stigmata sind für mich persönlich viel mehr ein Beweiß für die Gestaltungskraft die jeder Mensch für sein Leben hat, als alles andere. Jeder Mensch kann auch eigentlich unmögliche Dinge erschaffen, vielleicht ist hier auch die Kraft der Selbstheilung bei Krankheiten zu finden, aber an diesem Thema sind wahrscheinlich weder die Ärzte und erst recht nicht die katholische Kirche interessiert. Hier sind wir im Nukleus der Macht über andere Menschen und wer gibt diese Macht schon gerne freiwillig ab und zeigt den Menschen den Weg in die eigene Freiheit. (Markierungen von ww)
2.3 Theresa von KonnersreuthDas psychiatrische Gutachten von Ewald (Die Stigmatisierte von Konnersreuth: Münchner Medizinische Wochenschrift 46, S. 1981-1992) stützt sich
auf die Aufzeichnungen des behandelnden Arztes Dr. Otto Seidel: Ewald diagnostiziert spontane somatische Zustandsänderungen und den sponanen Beginn
der Blutung (Herzstigma, blutige Tränen). Eine Manipulation ist auszuschließen.
Während der 10tägigen ärztlichen Untersuchung lag ein Hungerurin vor. Nach der Beobachtungszeit verschwand dieses Phänomen (Otto Seidl: Zu Stigmatisation
und Nahrungslosigkeit. Der NERVENARZT 2008 Historisches S.1-8), dazu dann auch die aktuelle Diskussion im Bistum Regensburg.
http://www.josef-bayer.de/akr/krit_texte/mz260205.htmhttp://www.josef-hanauer.de/ewige_luege7.htmlKenntnisse des Aramäischen:
Das Sprachenphänomen beschreibt den Fakt, daß eine Person, die nur die Volksschule besucht und nie eine Fremdsprache erlernt hat, in diversen Sprachen akzentfrei Zitate wiedergeben kann.
Grundsätzlich berichtete Therese im Zustand der Eingenommenheit (siehe Kapitel Visionen) über das in der Vision Gehörte in deutscher Sprache bzw. im oberpfälzischen Dialekt. Gelegentlich aus eigener Initiative, aber insbesondere auf ausdrücklichen Wunsch der sie befragenden Person, gab sie das soeben Gehörte auch in der Originalsprache des Geschehens wieder. Hatte sie z.B. die Szene ‚Jesus vor Pilatus' erlebt, konnte sie das Latein der römischen Soldaten wiedergeben, nach einer Schauung aus dem Leben des hl. Antonius von Padua berichtete sie in dessen Muttersprache auf portugiesisch, nach einer Schauung über die hl. Bernardette Soubirous von Lourdes sprach sie im provençalischen Dialekt. Die am häufigsten von ihr vernommene und wiedergegebene Fremdsprache war die aramäische. Aramäisch war zur Zeit Jesu die vorherrschende Alltagssprache in Palästina. (Hebräisch blieb als heilige Sprache der Liturgie vorbehalten.)
Therese Neumann berichtet Professor Wutz im Zustand der Eingenommenheit
Den fremdartigen Lauten schenkte in Konnersreuth zunächst niemand Beachtung, da keiner sie deuten konnte. Entdeckt wurde das Sprachenphänomen erstmals, als Prof. Dr. Franz X. Wutz, Hochschullehrer für alttestamentliche Exegese und Biblische Wissenschaften an der philosophisch theologischen Fakultät in Eichstätt, zufällig in der Gegend von Konnersreuth weilte und von dem Mädchen hörte, das Schauungen habe und auch eine unbekannte Sprache spreche. Zunächst zweifelnd begab er sich an einem Freitag ins Neumannsche Haus, als "aber die einzelnen Worte hörbar wurden, erkannte er zu seinem Erstaunen ganz deutlich das Aramäische." (Teodorowicz, S. 493)
Prof. Wutz kam fortan des öfteren nach Konnersreuth, schrieb die aramäischen Aussagen Thereses in Kurzschrift mit, prüfte sie zu Hause eingehend und stellte fest, daß Therese nicht nur Worte und Satzteile wiedergab, die sich in der Hl. Schrift finden lassen, sondern daß sie auch ergänzende Aussagen traf.
Um sicherzustellen, daß Therese kein falsches Wissen vortäuschte, versuchte Prof. Wutz, "sie mit hebräischen Wörtern oder auch mit grammatikalisch inkorrekten aramäischen Formen zu täuschen. Doch wehrte sie diese immer als falsch ab. Zum Teil äußerte sie auch Wortgebilde und syntaktische Formen, die Wutz nicht kannte und deren Richtigkeit er daher bestritt, bis er sie [später] doch in Quellentexten nachgewiesen fand." (Buchberger, S. 22f)
Da Therese Neumann die Sprache, in der sie in den Visionen die Personen sprechen hörte, nicht verstand - wovon Prof. Wutz nun überzeugt war - kostete es sowohl ihr als auch dem Professor viel Mühe und Geduld, das Gehörte zu wiederholen. Über die Methode, mit der Prof. Wutz ihr das Aramäische entlockte, sagte Therese: "Er hat anfänglich zugehört, ohne etwas zu sagen. Erst später wollte er mich durch Fragen zwingen, ihm einen reichlicheren Wortschatz aus meinem Gedächtnis vorzubringen. Das kostete mich Mühe, manchmal tat ich es sogar unwillig, aber endlich folgte ich ihm. ... Sehen sie, es geht mir ganz wie einem Kinde, das die Sprache hört, und aus dem bloßen Hören, wenn es auch nicht weiß, wann und wo, die Sprache nachäfft." (Teodorowicz, S. 496)
http://www.thereseneumann.de/theresegerman/index.htm
4. AusblickEine medizinische Erklärung:
Hematidrosis: a pathologic process or stigmata. A case report with comprehensive histopathologic and immunoperoxidase studies.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18360116Valete
Willi Wamser