Herzlichen Dank euch allen für die Korrekturen und Anmerkungen, die allesamt sehr hilfreich sind.
Das Ganze mit "Kleine Stilübungen" zu überschreiben, war vielleicht der falsche Ansatz, doch erschien mir keine andere Überschrift passender, um den Thread nicht mit einer eventuellen Anfrage nach Tatoo-Übersetzungen ("Übersetzung D->L") zu verwechseln. Zu meiner Schulzeit war die Übersetzung aus dem Deutschen ins Lateinische bereits lange nicht mehr gefordert und wurde daher wenn überhaupt nur stiefmütterlich behandelt, obgleich ich gerade diese Art der Übung für ausgezeichnet halte.
Zu diesem Zweck habe ich mir die alten "Lateinischen Übungsbücher" von Dr. Christian Ostermann (s.u.) besorgt, die den meisten sattsam bekannt sein dürften. Begonnen habe ich hier mit dem Übungsbuch für Sexta, um mich vollständig auf das Lehr- und Lernkonzept einzulassen, welches ich bis jetzt für recht gut halte. Einerseits ist die Fülle der zu präparierenden Vokabeln ungleich größer als in den heutigen Lehrwerken (über 160 Vokabeln für den ersten Abschnitt), andererseits allerdings die Hinübersetzung ins Lateinische gerade in den ersten Abschnitten noch relativ eng umrissen gehalten, da von der Grammatik verständlicherweise noch nicht allzu viel behandelt wurde. Dies bedeutet, dass man stets lediglich mit dem bis dorthin gelernten Wort- und Grammatikmaterial zu konstruieren versuchen muss.
Nichtsdestotrotz sind eure über die derzeitige Stufe hinausgehenden Hinweise und Alternativvorschläge äußerst lehrreich und besonders willkommen, da ich all das zu Schulzeiten bereits gelernt und mangels praktischer Anwendung teilweise wieder vergessen habe. So kann ich sowohl mit dem bis dorthin aus dem Ostermann gelernten Material konstruieren, als auch bereits über den Teller-/Bücherrand hinausschauen und zukünftige Grammatikthemen repetieren, welche im Ostermann erst in späteren Lektionen behandelt werden. Gleichzeitig soll es ja auch als Übung des Stils dienen, so dass es zu "grammatikalisch korrekt" auch immer noch ein besseres "stilistisch korrekt" gibt. – Aus diesem Grunde werde ich bei manchen Verbesserungen sicherlich nachfragen, ob meine Lösung grammatikalisch falsch oder lediglich stilistisch schmerzvoll war.
Die von mir verwendeten Ausgaben finden sich je nach Zugriffsmöglichkeit bei Google Books oder bei archive.org:
- Dr. Christian Ostermann: Lateinisches Übungsbuch, für Sexta, 16. Aufl., 1878 und dazugehörig
- Dr. Christian Ostermann: Lateinisches Vocabularium, für Sexta, 9. Aufl., 1872
Für den ersten Abschnitt waren lediglich folgende Verbformen als bekannt gegeben, was, vom eigenen Unvermögen abgsehen, in Folge zu den stilistisch nicht optimalen Konstruktionen führt: est, sunt; erat, erant; fuit, fuerunt; deest, desunt; habet, habent; amat, amant; delectat, delectant; laudat, laudant; ornat, ornant; parat, parant; servat, servant; sowie: et, etiam, non, saepe, sed, in (+ Abl).
Regina nec invidiam nec avaritiam laudat, sed iustitiam et innocentiam incolarum.
nec… nec z.B. war bis zu dieser Übung noch nicht gelernt, jedoch sind genau das willkommene Hinweise, die ich für spätere Lektionen schon einmal jetzt mitlernen kann.
Patria statuas poetarum habet. / Patriae sunt statuae poetarum.
Gibt es hier einen stilistischen Unterschied zwischen
habere + Acc. und
esse + Dat.? (dativus possessoris?)
Wann wird eher das eine und wann das andere verwendet?
Zur Übung habe ich sämtliche Sätze, welche in der Vorbereitung im lateinisch-deutschen Textteil vorkamen und mit habere + Acc. konstruiert wurden, in Dativkonstruktionen umgewandelt:
- 1.I.2) Scythae sagittas habent. -> Sythis sunt sagittae.
- 1.I.4) Incolae insulae divitias habent. -> Incolis insulae sunt divitiae.
- 1.I.6) Aquila alas habet. -> Aquilae sunt alae.
- 1.I.7) Aquilae alas habent. -> Aquilis sunt alae.
- 1.I.23) Regina filiam habet. -> Reginae est filia.
- 1.II.3) Copiae Persarum hastas et sagittas habent. -> Copiis Persarum sunt hastae et sagittae.
- 1.II.11) Filiae agricolarum columbas et gallinas habent. -> Filiis (besser: Filiabus) agricolarum sunt columbae et sagittae.
- 1.II.13) Silvae Germaniae copiam herbarum habent. -> Silvis Germaniae est copia herbarum.
- 1.II.15) Reginae saepe villas habent. -> Reginis saepe sunt villae.
Sind Gegenstände oder Abstracta Subjekt eines Satzes nimmt man im Lat. gewöhnlich das Passiv.
z.B. Patria statuis poetarum ornatur.
Zur Übung habe ich sämtliche Sätze, welche in der Vorbereitung im lateinisch-deutschen Textteil in dieser Konstruktion vorkamen, ins Passiv umgewandelt:
- 1.I.13) Amicitia vitam ornat. -> Vita amicitia ornatur.
- 1.I.14) Filias reginae vita agricolarum non delectat. -> Filiae reginae vita agricolarum non delectantur.
- 1.I.16) Divitiae incolas insulae delectant. -> Incolae insulae divitiis delectantur.
- 1.I.18) Statuae patriam ornant. -> Patria statuis ornatur. (vgl. oben)
- 1.II.9) Puellas agricolarum uvae delectant. -> Puellae agricolarum uvis delectantur.
- 1.II.12) Patriam constantia incolarum ornat. -> Patria constantia incolarum ornatur.
- 1.II.18) Reginam villae delectant. -> Regina villis delectatur.
- 1.III.8 ) Parsimonia, industria, iustitia vitam agricolarum ornat. -> Vita agricolarum parsimonia, industria, iustitia ornatur.
- 1.III.10) Dianam, deam silvarum, silvae delectant. -> Diana, dea silvarum, silvis delectatur.
- 1.III.13) Puellas poena non delectat. -> Puellae poena non delectantur.
- 1.III.17) Copia herbarum feminas agricolarum delectat. -> Feminae agricolarum copia herbarum delectantur.
Bei der Umwandlung wird ja der Nominativ des Satzes im Aktiv zum Ablativ im Passivsatz. Ist das in jedem der obigen Sätze ein ablativus instrumentalis oder ein ablativus causae oder ein instrumentalis bei "ornare" und ein causae bei "delectare" oder etwas ganz anderes?
Inter copias Persarum non erat concordia, sed discordia.
Ist dies nur eine stilistische Verbesserung (
inter + Acc.) oder funktioniert "
In copiis" (
in + Abl.) in diesem Zusammenhang nicht? Falls beides möglich ist: Gibt es einen Bedeutungsunterschied?
Im Speziellen denke ich da an: "
in civibus"
(Avaritia agricolis saepe lacrimis est. (Dat. finalis))
Iracundia saepe tristitiae est. (dat. fin. s.o.)
Custodia patriae copiis laetitiae est. s.o.
Statuae poetarum patriam ornant et patriae gloriae sunt.
Den Dativus finalis und seine Konstruktion bzw. Anwendung hebe ich mir für den späteren Abend auf und komme dann mit neuerlichen Fragen u. Versuchen darauf zurück.
EDIT: Ersten Satz der Dativus finalis-Beispiele von marcus03 auch im Zitat als bereits unrichtig in rot markiert. – Gibt es hier keine Möglichkeit, Dinge durchzustreichen?