(1) Diagnose Nun ja,
Problemen und Konflikten ist eindeutig Dativ, "sich entledigen" ist eines der wenigen Verben, das ein Genitivobjekt regiert. Der Schreiber ist wohl der heutigen Tendenz erlegen, den Genitiv zu vergessen und dafür den Dativ zu setzen.
(2) ProbatioHier zwei Genitivverben: "eines Verstorbenen gedenken" "sich des Bruders erinnern".
Zu beobachten ist, dass es kaum einen "nackten" Genitiv bei diesen Verben gibt, man ihn vielmehr vermeiden muss:
*Verstorbenen gedenken", "Bruders erinnern".
Gefasst wird dies in der
Genitivregel/Sichtbarkeitssregel: Um die Wahrnehmbarkeit eines Genitivs zu sichern, muss zum Genitiv ein Adjektiv oder Pronomen oder Artikel ... treten. Ausnahme Eigennamen:
*Ich verzichte auf Fleisch zugunsten Gemüses.
Ich verzichte auf Fleisch zugunsten
leckeren Gemüses.
Ich verzichte auf Fleisch zugunsten
des Gemüses.
*Ich verzichte auf Fleisch zugunsten Gemüse.
Ich verzichte auf die Erbschaft zugunsten Wolfgangs.
Im vorliegenden Fall "sich entledigen" wäre demnach korrekt:
sie entledigen sich ihrer (der? ... braucht eine Vor- oder Nacherwähnung) Probleme und KonflikteInkorrekt ist:
sie entledigen sich Probleme und Konflikte. (3) Doctores docti Peter Gallmann, ein Dudenautor,
zum Problem:
http://www.personal.uni-jena.de/~x1gape/Wort/Wort_NP_Genitiv.pdfGisela Zifonun, für Linguisten eine feine Adressatin, findet hier schöne Gedanken zur Narrenschlacht um den Genitiv Vogelweides, des Dichters.
https://www.google.de/webhp?sourceid=chrome-instant&ion=1&espv=2&ie=UTF-8#q=Eigennamen+in+der+Narrenschlacht.&*(4) VertiefungWeiteren Fragen zuvorkommend:
sich – ent - ledig„Ent“, das Präfix bei Verben bezeichnet:
- die Annäherung an ein Gegenüber (a),
- das Rückgängigmachen einer Handlung (b),
- das Entfernen oder Sich-Entfernen (c).
Die Bedeutung (a) ‘gegen, entgegen’ ist heute selten geworden (z. B entbieten, entsprechen).
Recht häufig bezeichnen „Ent-Verben“ (b) Vorgänge, welche den entsprechenden Vorgang des einfachen (nicht präfigierten) Verbs rückgängig machen (entfalten, entladen, entspannen, enttäuschen, entehren, entwaffnen, entwürdigen).
Ähnlich operieren „Ent-Verben“, welche ein Substantiv oder ein Adjektiv verbalisieren und dann durch „ent“ dementieren (entlarven, entrinden, entseelen, entvölkern) (entmündigen, entsittlichen).
Schließlich (c) weist „ent-" bei transitiven und intransitiven Verben auf ein Agens hin, das sich oder etwas von seinem Primärpunkt entfernt (entfernen, entnehmen, entreißen,entfliehen, entgehen, entweichen).
Etymologisch wahrscheinlich nicht verwandt ist das neuhochdeutsche "ent-" in Verben mit inchoativer/ingressiver Aktionsart (entbrennen, entflammen, entzünden).
So gesehen bezeichnet „sich einer Sache entledigen“
die
reflexive Aktion eines Agens,
dessen Aktivität auf die (beginnende?) Beseitigung einer Sache zielt,
so dass das Agens „
davon/dessen ledig“ wird.