Tiberis hat geschrieben: Vielleicht hat dann der Kranich (γερανος) auch etwas mit "bewachen" (was im übrigen φυλαττειν heißt) zu tun?
1. Die Existenz zweier verschiedener Wurzeln mit demselben Sem ist Voraussetzung für das Phänomen Synonymie.
2. Nein, ich sehe momentan keine Brücke zwischen den altgriechischen Worten für "bewachen" und "Kranich"*, obwohl ich die Sache vor Augen hatte. (Meine Frau hat fast alle unsere Fenster mit Geranien vollgestellt) Die Worte enthalten zwar zweifellos dasselbe Phonem. Aber sie haben kein gemeinsames Sem. Es gibt auch kein Gesetz, welches dies zwingend vorschreibt.
* Wenn wir mal von dem Sem *Wächter=Zeuge" bei dem Kranichen des Ibikus absehen.
Tiberis hat geschrieben:und eine Beziehung zwischen öreg und ör herzustellen, ist genauso abwegig, wie wenn man öreg und örül semantisch verknüpfen wollte.
Nein, Tiberis, man kann zwar sich eine Brücke herbeiphantasieren, zwischen den Semen "Alt" und "Freude", aber ich will da auch nichts erkennen, was einen echten Sitz im Leben hatte. Nicht, dass das Alter nun freudlos wäre, aber dasselbe Gefühl will sich doch eindeutig seltener einstellen, als in der Jugend. Demgegenüber sehe ich aber eine echte Verbindung zwischen den Semen "Alt" und "Bewachen".
Als es noch kein Fernsehen gab, sah ich bei uns im Dorf die Alten immer auf einer Bank vor dem Grundstück. neben der Pforte beieinander sitzen und snacken. Und jeder Daherkommende wird nach dem Woher und Wohin befragt. Das ist in HU nicht anders gewesen. Dazu denke dann die damals herrschende soziale Immobilität der alten Gesellschaft.
Wie gesagt, Worte, die mit demselben Phonem beginnen (mit Varianz), müssen nicht notwendigerweise dasselbe Semem tragen, aber die Wahrscheinlichkeit ist wohl erhöht.
Tritt aber ein und dieselbe Brücke zwischen zwei Semen in unterschiedlichen Sprachen auf, dazu noch in nicht verwandten Sprachen, kann man von der Existenz eines im Leben vorhandenen, sprachformenden Sinnzusammenhanges ausgehen. Zuerst gibt es einen Sinn, dieser sucht sich dann das Kleid, welches er anzieht, und das ist dann der Klang des Wortes.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...