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Das Versagen der Nobilität und seine Folgen




Der Wandel der Gesellschaft:

Aber die Frage nach einer Wiederbelebung des Bauerntums wird immer dringlicher, doch dabei gibt es Probleme. Das erste ist ein rein politisches: Wenn jemand ein Gesetz für die Bauern durchbringt, hat er sie natürlich auf seiner Seite und kann durch ihre Stimmen massiven Einfluss auf die Politik nehmen, und das als Einzelperson - eine für die Senatoren als Gesamtheit nicht akzeptable Situation, dass einer alle anderen an Macht und Einfluss übertreffen könnte. Das zweite Problem ist ein praktisches: Woher soll das Land für die Bauern kommen? Der einzig mögliche Weg führt über den ager publicus, denn eine Enteignung von Privatland wäre ein Bruch jeglicher Rechtsstaatlichkeit und somit völlig undenkbar. Vom Staatsland ist eigentlich noch viel vorhanden, denn er ist schon früh angelegt worden und steht Bürgern wie Bundesgenossen gegen eine relativ geringe Abgabe zur Benutzung offen, ist aber immer im Eigentum des Staates geblieben (Licinisch-Sextische Gesetze 367). Das Land kann durch occupatio in den Besitz einer Person (possessio) übergehen. Den Reichen ist es leicht möglich, große Flächen des Staatslandes zu okkupieren, die Abgabe können sie mit Leichtigkeit entrichten. So zieht die Nobilität den größten Nutzen aus der Einrichtung.


Es ist nicht ganz klar, ob bereits im Rahmen der licinisch-sextischen Gesetze ein Höchstmaß von 500 Joch festgesetzt worden ist für das Land, das von einer Privatperson okkupiert werden darf. Falls dem so war, ist die Regelung schon bald in Vergessenheit geraten, denn die Senatoren sind als Hüter des Gesetzes auch seine Übertreter. Als in der Mitte des 2. Jahrhunderts der Niedergang des Bauerntums zum immer dringenderen Problem wird, überlegt C. Laelius, ein Mann aus der Umgebung des P. Cornelius Scipio Africanus Numantinus, ein Gesetz einzubringen, das eine Neuauflage des alten Gesetzes wäre - einschließlich der Höchstgrenze von 500 Joch. Doch er erkennt rasch, auf welch großen Widerstand er damit im Senat stösst, und lässt den Plan wieder fallen. Für diesen keineswegs weitblickenden Rückzieher verleiht ihm der Senat wie zm Hohn den Beinamen Sapiens.


Es wird immer klarer, dass vom Senat keine Lösung des Problems zu erwarten ist. Doch das Versagen der Nobilität in dieser entscheidenden Frage wird zum ersten Spatenstich zum Grab der Republik. Der Weg kann somit nur mehr über die Komitien und deren höchte Vertreter, die zehn Volkstribunen, führen. Und über diesen Weg werden die Vertreter einer hochadeligen Familie auch versuchen, den Staat doch noch zu retten und die Krise zu entschärfen, wenn auch mit revolutionären Mitteln. Ihre Aktionen prägen die politische Landschaft für mehr als ein Jahrzehnt: Die Gracchen.