e-Latein Umfrage:
Warum lernt ihr Latein?
Aus Interesse
Aktuell
Weil ich muss
Anderer Grund

Das Versagen der Nobilität und seine Folgen




Der Ritterstand als Gegengewicht zu den Senatoren:

In den Wirren der späten Republik vollzieht sich der Aufstieg einer neuen Schicht innerhalb der römischen Führung. Der "Zweite Stand", die Ritter, profitieren am meisten von den neuen Möglichkeiten, die die unumschränkte Macht Roms nun bietet. Rom scheint durch nichts mehr bezwingbar zu sein, aus der Weltmacht ist endgültig und unwiderruflich ein Weltreich geworden. Was aber folgt, ist der Anfang vom Ende der Republik, ein Jahrhundert der Revolutionen, das im Bürgerkrieg enden wird.


Die Provinzen, deren wachsende Zahl den Rahmen des Stadtstaates immer mehr sprengt, stehen unter dem imperium populi Romani, das heisst unter der Befehlsgewalt des römischen Volkes. Dieses imperium eines Konsuls kann nach dem Ablauf seiner Amtszeit auch verlängert, prorogiert, werden, was eine Durchlöcherung der Annuität darstellt. Auch Prätoren steht diese Möglichkeit offen. Doch in den Provinzen gilt auch die Kollegialität nicht mehr, der einzelne Beamte verfügt über die uneingeschränkte Befehlsgewalt, dem Senat jedoch ist er Rechenschaft schuldig. Dass die Vertreter jährlich wechseln, schadet der Verwaltung.


Die Städte in den Provinzen sind unterschiedlich privilegiert und abgabepflichtig (divide et impera). Die Höhe der Abgaben wird von Rom festgesetzt, der Steuerertrag geschätzt. Da der Staat sich aber nicht mit einer zu großen Bürokratie belasten will, hebt er die Steuern nicht selbst ein sondern verpachtet die Einhebung im Rahmen von Auktionen an Privatleute. Das erfordert in der Regel hohe Kapitaleinsätze, die einelne Personen kaum selbst aufbringen können. So schließen sich mehrere Privatleute zu Gesellschaften, societates, zusammen, die die Steuereinhebung einer Provinz pachten. Es muss sofort bezahlt werden, doch was der Betreffende dann aus der Provinz herausholt, gehört ihm. Mögliche Überschüsse sind sein Reingewinn. Die publicani sind in den Provinzen verhasst, da sie auch Einheimische zu ihren Handlangern machen. So steht auch in der Bibel, dass die "Zöllner", die mit den Römern gemeinsame Sache machen, als Verräter gelten und aus der Gesellschaft ausgestoßen werden.


Die Nutznießer des Handels sind ebenfalls die equites Romani, die dem Ritterstand (ordo equester) angehören. Es ist der Stand der Reichsten, denn nur sie dürfen in nennenswertem Umfang Handel treiben. Den Senatoren ist das offiziell verboten, was die aber durch anonyme Beteiligungen an Handelsgesellschaften umgehen. Dafür ist den Rittern der Eintritt in den Senat verwehrt. Sie profitieren jetzt voll von der Ausbeutung der Provinzen. Es entsteht ein neuer Stand der Superreichen. Rom garantiert die Aufrechterhaltung von Ruhe und Recht in den Provinzen, in denen teilweise die Romanisierung einsetzt - vor allem im Westen. Auch für die Statthalter gibt es legale Verdienstmöglichkeiten, gegen die illegale Bereicherung wird jedoch ein ständiger Gerichtshof eingesetzt, ein weiteres Zeichen für den Niedergang der Moral. 149 bringt der Volkstribun L. Calpurnius Piso die lex Calpurnia ein, auf deren Grundlage die erste quaestio perpetua eingerichtet wird, ein ständiger Gerichtshof, vor dem Provinzbewohner und ganze Provinzen räuberische Statthalter de pecuniss repetundis anklagen können, um ihren Besitz wieder zu verlangen.


Der Gerichtshof ist Bundesgenossen und Untertanen zugänglich, doch die Geschworenen sind Kollegen der Angeklagten - Senatoren. So wird der Kontrolle Provinzialverwaltung von Anfang an die Schärfe genommen, die sie angesichts der zunehmenden Gier der Römer haben müsste, denn jeder Ankläger oder Geschworene muss damit rechnen, selbst einmal auf der Anklagebank Platz nehmen zu müssen. Für die publicani gibt es nicht einmal theoretisch eine Kontrollinstanz.


Diese Oberschicht, die ein immer reicherer Stand wird, übernimmt den Lebensstil des Hellenismus mit all seinen Genüssen und Reizen. Die sicherste Erwerbsgrundlage ist der Großgrundbesitz, der durch den Ruin des kleinen Bauerntums immer extremere Formen annimmt. Die Größe der Latifundien wächst ständig, von denen Plinius minor später schreibt, sie hätten Rom zerstört (latifundia perdidere Romam). Ihre Bewirtschaftung erfolgt mit modernsten Methoden, die die Römer zum Teil von Karthago übernommen haben. Man geht zur extensiven Bodennutzung über, das Ackerland wird in Weideland umgewandelt oder mit Olivenbäumen oder Weinreben bepflanzt. Betrieben werden die Großbetriebe mit den Sklavenmassen, die immer neue Kriege nach Italien bringen. Waren die Sklaven früher in die traditionelle familia eingebettet, so werden sie jetzt immer schlechter und unmenschlicher behandelt.