e-Latein Umfrage:
Warum lernt ihr Latein?
Aus Interesse
Aktuell
Weil ich muss
Anderer Grund

Die Weltmacht Rom




Der Hellenismus in Rom:

Während also der politische Hellenismus in die Bedeutungslosigkeit versinkt, übt die Kultur weiterhin eine ungeheure Anziehungskraft auf Roms Oberschicht aus, und durch die Gesandtschaften und den Handel kommt es zu zahlreichen Berührungspunkten. Es setzt ein regelrechter Kunstraub ein, bei dem griechische Statuen, Reliefs und Gemälde im großen Stil als Beutegut nach Rom gelangen. Es kommt zu einer jähen Überschwemmung Roms durch diese griechischen Kunstwerke, die dazu führt, dass sich in Rom nie eine eigenständige bildende Kunst entwickeln kann. Die römische Kunst wird zu einem Ableger der griechischen, lediglich im Portrait setzt sich der römische Realismus durch. Man kann sogar in Frage stellen, ob es überhaupt eine eigenständige römische Kultur gibt!


Die Mythologie wird von den Griechen übernommen, auch in der Literatur sind die Griechen Wegbereiter: Die Odusia des Livius Andronicus ist eine reine Übersetzung, das einzige römische Versmaß, das Cn. Naevius für die Beschreibung des Ersten Punischen Krieges verwendet (3. Jhdt.), verschwindet und wird vom Hexameter abgelöst. Die Geschichtsschreibung bedient sich anfangs überhaupt der griechischen Sprache. Verständigungsprobleme gibt es keine, denn die römische Oberschicht lernt das vereinfachte Griechisch des Hellenismus (Koiné), da man ohnehin im politischen und wirtschaftlichen Leben ständig mit den Griechen zu tun hat und man, wenn man der Weltsprache nicht mächtig ist, in Handel leicht betrogen werden kann. Die Griechen hingegen lernen oder verwenden praktisch nie die lateinische Sprache. Rom droht so im Sog des Hellenismus zu verschwinden, und selbst Cato kann nur einen Aufschub bewirken. Der Historiker Fritz Schachermeier spricht daher von einer Satellitenkultur, richtiger ist aber der Begriff einer Satellitenentwicklung.


Doch nicht nur in der Kunst, auch in der Philosophie sind die Griechen mit Athen an der Spitze, Weltklasse. In Athen gibt es zahlreiche private Philosophenschulen. Platon hat dort die Akademie gegründet, Aristoteles den Peritatos, Zenon die Schule der Stoá - das sind die drei bedeutendsten philosophischen Strömungen der Antike. Daneben gibt es noch weitere Schulen, den Keros Epikurs, die Kyniker oder die Sophisten. Als Vertreter dieser Schulen 156/55 Rom besuchen ("Philosophengesandtschaft"), schlägt das Ereignis vor allem bei der Jugend Roms wie eine Bombe ein. Obwohl Cato diese Leute so schnell wie möglich wieder aus Rom vertreibt, kann er nicht verhindern, dass Karneades, ein Vertreter der Akademie, zwei Reden hält: Am ersten Tag redet er darüber, dass die Römer eine gerechte, vorbildhafte Herrschaft errichtet haben - man ist vollauf begeistert. Am nächsten Tag jedoch beweist er seinem rhetorisch und philosophisch weit unterlegenen Publikum mit derselben Überzeugungskraft, dass eine allgemein gültige iustitia nicht existiert, die Rom stets mit der eigenen gleichgesetzt hat. Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelt sich ab dem 1. Jahrhundert die literarische Aufarbeitung des römischen Imperialismus, die bis dahin in Rom niemand in Frage gestellt hat (Caesar, Sallust, Livius, Tacitus).